Kolumne „Gesellschaftskunde“ Das Leben bremsen

Düsseldorf · Gerade in den Ferien empfinden viele, dass die Zeit verfliegt. Das hat nicht nur mit Stress zu tun. Wer aufhört, sich immer neue Ziele zu setzen und sich auf den Moment besinnt, wirkt dem Gefühl der Flüchtigkeit entgegen.

  Einfach mal zur Ruhe kommen: Das wirkt dem Gefühl von Flüchtigkeit entgegen.

Einfach mal zur Ruhe kommen: Das wirkt dem Gefühl von Flüchtigkeit entgegen.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Wie die Zeit verfliegt, spürt man in den Ferien besonders deutlich. Gerade traf man die Freunde noch in reinster Aufbruchfreude, Koffer packen, Pläne schmieden, letzte Tipps einholen, schon sind sie wieder zurück. Zwei Wochen sind „rum wie nichts“. Auch Verwandte, Nachbarn, Kollegen scheinen auf ihren Reisen in Zeitfalten zu geraten. Kaum sind sie abgereist, melden sie sich schon wieder zurück. Und wenn sie dann erzählen von Bergtouren, Seeabenteuern, Yoga-Wochen, von neuen Ländern, die sie entdeckt haben, oder  Lieblingsorten, die sie wieder genossen haben, dann spürt man  deutlich dieses seltsame Auseinanderklaffen von erlebter und empfundener Zeit.

Das ist ja ein Gefühl, das viele Menschen in ihrem Alltag haben, dass ihnen die Zeit zwischen den Fingern zerrinnt, dass die Wochen verfliegen, die Tage voll verplant einfach nur abschnurren. Schon spielt der Wind wieder  mit vertrockneten Blättern, nimmt man doch lieber eine Strickjacke mit zum Grillen, kündigt sich das Ende des Sommers an, der doch gerade erst begonnen hatte.

Es ist kurzsichtig, dieses Flüchtigkeitsempfinden nur auf den täglichen Stress zu schieben, mit dem die meisten Menschen leben. Es hat auch mit den Mechanismen in der Konsumgesellschaft zu tun, dass sich Ruhegefühle so schwer einstellen. Denn Bedürfnisbefriedigung möglichst schnell, möglichst bequem, ist ja noch immer das Gebot unserer Zeit. Und es müssen immer neue Wünsche her, damit das Rad sich weiter dreht. Zufriedenheit ist schlecht für die Konjunktur, aber sie ist die Voraussetzung für ein etwas abgebremstes Leben. Statt immer Neuem nachzujagen, sich ab und zu darauf  besinnen, was ist, was man schon hat, was Gutes geschieht – das wirkt dem Gefühl der zerrinnenden Zeit entgegen.

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