Kolumne: Berliner Republik Wie Bremen die Berliner Bühne bespielt

Trotz der Fortsetzung von Rot-Grün in Bremen hat die Landtagswahl gezeigt, dass das einstige rot-grüne Projekt keine Zukunft hat. Umso mehr verwundern die Reaktionen mancher Politiker.

Es war ein wenig unfair, aber Bremen galt als die unwichtigste Landtagswahl dieser Legislaturperiode. Am Ende ist es dem hoch verschuldeten Stadtstaat doch noch gelungen, das Augenmerk Berlins auf sich zu ziehen.

Rot-Grün an der Weser kann fortgesetzt werden, aber: Die SPD hat mit dem Absturz in der Wählergunst einen weiteren Beleg ihres schlechten Zustands erbracht. Und die Grünen sind als Sieger der besten Schönredner aus den Wahlen hervorgegangen. Dass sie ihre 22 Prozent, die sie in Folge der Fukushima-Katastrophe erreicht hatten, nicht würden halten können, war klar. Aber muss man sich bei einem Verlust von etwa einem Drittel der Wählerstimmen öffentlich darüber freuen, dass Bremen das erste Bundesland sei, in dem Rot-Grün eine dritte Neuauflage schafft? Das war die Lesart von Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Und wenn sich die Demokraten darüber einig sind, dass eine sinkende Wahlbeteiligung schlecht ist, dann sollte man solche Sprüche, die nur zu Frust bei den Wählern führen, einfach unterlassen.

Trotz der Fortsetzung von Rot-Grün in Bremen hat diese kleine Landtagswahl auch gezeigt, dass das einstige rot-grüne Projekt keine Zukunft hat. Selbst in dem so sicher geglaubten Stadtstaat Bremen ist die Mehrheit nur noch hauchdünn. Vielmehr darf man sich 2017 auf einen Wahlkampf ohne klare Koalitions-Optionen einstellen. Sehr wahrscheinlich ist auch, dass sich im Bundestag fortsetzt, was sich jetzt schon in vielen Landesparlamenten zeigt: Immer mehr Parteien schaffen die Fünf-Prozent-Hürde. Neben Union, SPD, Linken und Grünen konnten auch die FDP erneut und die AfD erstmals einziehen.

Ob sich im Laufe des Jahres 2017 die Lager dann doch noch sortieren, wird in hohem Maß von der Bundespräsidentenwahl im Frühjahr abhängen. Sollte Joachim Gauck noch einmal antreten, was Union, SPD, Grüne und FDP begrüßen würden, bliebe den Parteien die Nagelprobe erspart. Doch für den Fall, dass Gauck sich gegen eine zweite Amtszeit entscheidet, muss ein neuer Mann oder eine neue Frau gefunden werden. Je nachdem, welche Allianzen die Parteien für die Wahl des Staatsoberhauptes eingehen, werden und müssen sie als mögliche Optionen für eine neue Koalition interpretiert werden.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich mit der Bundestagswahl vor Augen die Kanzlerin und ihr wahrscheinlicher Herausforderer, SPD-Chef Sigmar Gabriel, auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen können, ist gering. Für eigene Kandidaten brauchen sie Partner: Gabriel kann sie bei Grünen, Linken und Liberalen suchen, Merkel bei den Grünen und Liberalen.

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(RP)
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