Kolumne Berliner Republik Steinbrücks Trick mit der Vermögensteuer

Berlin · Die besten politischen Versprechen sind die, die man gar nicht einhalten muss. So wird es auch Peer Steinbrück mit der Vermögensteuer gehen.

Es ist schon eine Weile her, dass Peer Steinbrück in kleiner Runde seine ehrliche Einschätzung über das Lieblingsprojekt der SPD-Linken, die Vermögensteuer, preisgab: "Zu kompliziert, das Ganze." Doch in den Verhandlungen über das SPD-Wahlprogramm und im anlaufenden Wahlkampf hat sich der Kanzlerkandidat stets treuherzig hinter die Forderung seiner Partei gestellt. Den Aufschrei der Wirtschaft kontert Steinbrück inzwischen lapidar mit dem Versprechen: "Es wird keine Substanzbesteuerung geben."

Dazu muss man wissen: Substanzsteuern greifen direkt das Vermögen eines Unternehmens an, also etwa den Wert der Anlagen und Immobilien. Der Zugriff des Fiskus erfolgt unabhängig von der Ertragslage. Im theoretisch schlimmsten Fall treibt die Steuerlast ein schwächelndes Unternehmen in die Pleite. Deshalb hat die deutsche Wirtschaft, vor allem die persönlich haftenden Familienunternehmen, so viel Angst vor dieser Steuer.

Was macht also ein gewiefter Politiker? Er schließt diesen Fall aus. Steinbrück verspricht, dass er die Substanz unangetastet lässt. Wie das gehen soll, sagt er aber nicht. Das werde man sich dann in der Regierung überlegen.

Ökonomen und Juristen beißen sich seither in Studien und Analysen die Zähen daran aus, wie eine Vermögensteuer aussehen muss, damit sie rechtmäßig ist — bislang ohne Durchbruch.

Denn da ist noch das andere große Problem: Das Bundesverfassungsgericht hatte 1994 gerade die damals existierende Vermögensteuer als verfassungswidrig verworfen, weil sie Betriebsvermögen, etwa Immobilien, und Geldvermögen unterschiedlich besteuerte. Dies sei mit dem Gleichheitsgrundsatz aber nicht vereinbar. Die schwarz-gelbe Regierung kippte die Steuer 1997.

Wenn Steinbrück nun bei der "neuen" Vermögensbesteuerung wieder privates und betriebliches Vermögen unterschiedlich behandeln will, dürften die Richter in Karlsruhe aufhorchen. Eine Vermögensteuer, die die Substanz nicht besteuert, sei "wie Skifahren im Sommer auf Ibiza: Es geht nicht", lästerte der neue Chef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Eric Schweitzer, jüngst. Der Bundesfinanzhof prüft übrigens gerade bei der Erbschaftsteuer genau das, was Steinbrück vorhat, nämlich die Ausnahmen bei der Besteuerung für die Unternehmen. Sollte das oberste deutsche Finanzgericht die Regelung kippen, kann der Kandidat seine Pläne direkt in die Schublade stecken. Aber vielleicht ist es ja genau das, was Steinbrück will, sollte er tatsächlich Kanzler werden — still und leise ein ungeliebtes Projekt beerdigen und auf die Gerichte zeigen: "Was soll ich machen, liebe Parteilinke? Ich wollte ja, aber ich durfte nicht."

(brö)
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