Kolumne: Berliner Republik Die hyperaktive Regierung

Im Regierungsviertel fragt man sich schon, was Union und SPD eigentlich in den nächsten drei Jahren noch tun wollen. Die meisten dicken Dinger aus dem Koalitionsvertrag sind durch.

Diese große Koalition wird vor allem als ein Regierungsbündnis in die Geschichte eingehen, das die meisten seiner wichtigen politischen Vorhaben im ersten Jahr durchgedrückt hat. Nun ist Masse nicht gleich Klasse, und um zu wissen, dass den eifrigen Koalitionären insbesondere ihre Rentenpolitik noch einmal auf die Füße fallen wird, dafür braucht man keine seherischen Fähigkeiten.

Während man in früheren Zeiten eine Kabinettssitzung in einer Haushaltswoche des Bundestags schon einmal schlabberte, wird die Sitzung in dieser Woche einfach um eine halbe Stunde nach vorne gezogen und tagt um 9 Uhr statt wie sonst üblich um 9.30 Uhr. Praktisch auch für die Kanzlerin: Die kann dann zwischen der Kabinettssitzung und ihrem Abflug nach Australien noch eben das Sachverständigengutachten der Wirtschaftsweisen entgegennehmen.

Bis Weihnachten drängen noch etliche Vorhaben ins Kabinett. Beispielsweise will die Frauenministerin ihre Quote durchkriegen, bevor alle vier Lichter am Adventskranz brennen. Die Arbeitsministerin sieht sich angesichts der Chaos stiftenden Lokführer bei der Tarifeinheit unter Druck. Der Wirtschaftsminister drängt noch mit einem Haufen Paragrafen, die die Energiewende komplettieren sollen, ins Kabinett.

Da jeder Minister, der sich für ein größeres Gesetzesvorhaben die Zustimmung der Kollegen holt, für seine Vorlage auch gerne einen Tag lang die Schlagzeilen für sich haben möchte, vermeidet die Regierung, zwei große Vorhaben bei einer Sitzung zu behandeln. Das heißt, im Jahresendspurt kommt die hyperaktive Regierung ein wenig unter Termindruck. Zumal in der zweiten Dezemberwoche der CDU-Parteitag in Köln zusammenkommt und damit ein Kabinettstermin schon einmal flöten geht. Nun denkt man über einen Doppelschlag nach: Möglicherweise soll das Kabinett am Mittwoch und am Donnerstag vor Weihnachten tagen.

2015 wird es trotzdem nicht langweilig. Denn Bund und Länder werden sich auf eine umfassende Neuverteilung ihrer Finanzen einigen müssen. Die Frontlinien im Kampf ums Geld verlaufen kreuz und quer zwischen Ost und West, Nord und Süd, SPD und Union, Flächenländern und Stadtstaaten. Eigentlich wollte man auch dieses Thema schon im Dezember bei der Ministerpräsidentenkonferenz mit der Kanzlerin unter Dach und Fach bekommen. Die Interessenslagen sind aber so konträr, dass die Politiker aus Bund und Ländern noch einige Runden miteinander drehen müssen. Macht nix: 2015 sind noch Termine für gemeinsame Krisentreffen frei.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort