Kolumne: Berliner Republik Der Eiertanz um die Koalitionsoptionen

Berlin · Im Wahlkampf wird in keiner Frage mehr gelogen als in dem Punkt, dass sich die Spitzenkandidaten angeblich keine Gedanken um Koalitionsoptionen machen.

Der Eiertanz um die Koalitionsoptionen - eine Kolumne
Foto: Quadbeck

Die Frage, mit wem welche Partei im Falle von Wahlsieg oder Niederlage eigentlich gemeinsame Sache machen möchte, wird im Wahlkampf behandelt wie der peinliche Verwandte bei einer Hochzeitsfeier. Die Frage gehört dazu, aber man möchte sie nicht in den Vordergrund stellen. Hinter vorgehaltener Hand wird sie natürlich eifrig diskutiert. Allein die Öffentlichkeit soll glauben, dass Politiker Tag und Nacht an Inhalte und das Wohl des (Bundes-)Landes denken.

Das ist natürlich Quatsch. Die Machtfrage ist genauso zentral wie Inhalte. Denn ohne Macht - um diese Binsenweisheit zu erwähnen - lassen sich eben auch keine Inhalte durchsetzen. Die Saarland-Wahl zum Beispiel nutzten die Sozialdemokraten eindeutig, um die Option Rot-Rot beziehungsweise Rot-Rot-Grün auszutesten. Der Test ist schiefgelaufen. Kein Wunder also, dass die SPD das Projekt nun kleinlaut unter den Tisch fallen lässt. Dafür wendet sich der Blick nun auf rot-gelbe Bündnisse, die zwar immer eine Option sind, aber für beide Seiten keine ideale Kombination. Bewerben darf man sie ähnlich wie Schwarz-Grün auch nicht, da sie in beiden Lagern jeweils Wähler verschrecken können. Diese Bündnisse über politische Lager hinweg gehören eher in die Abteilung: nicht darüber reden, im Zweifelsfall einfach nach der Wahl ausloten.

Wirklich umgehen können die Spitzen der Parteien die Koalitionsfrage im Wahlkampf aber nicht. Denn die Wähler wollen schon wissen, wenn sie zum Beispiel ihr Kreuz bei den Grünen machen, ob sie eine bürgerlich-ökologische Regierung mit Schwarz-Grün bekommen oder ob die Grünen eher dazu neigen, sich in ein Linksbündnis mit SPD und Dunkelrot zu begeben. Wer diese Frage nicht beantworten kann, dem misstrauen die Wähler zu Recht - wie auch die aktuellen Umfragewerte der Grünen auf Bundesebene zeigen.

Wie sensibel die Wähler in dieser Frage sind, hat die Saarland-Wahl eindrucksvoll gezeigt. Sie hat das bürgerliche Lager regelrecht gegen Rot-Rot-Grün mobilisiert. Von FDP-Chef Christian Lindner ist es also politisch klug, dass er eine Ampel-Koalition in NRW ausschließt. Liberalen-Wähler wollen auf keinen Fall Rot-Grün. Sie würden der gerade eben wiedererstarkten FDP in Scharen davonlaufen, wenn sie diese Option bewusst offenließe.

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(qua)
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