Kolumne Berliner Republik Der Name des Gesetzes

Die Titel von Gesetzen sind oft so irreführend oder unverständlich, dass sie die Vermarktung von Politik ziemlich schwierig machen.

 Eva Quadbeck leitet die Parlamentsredaktion in Berlin.

Eva Quadbeck leitet die Parlamentsredaktion in Berlin.

Foto: Quadbeck

Es ist noch nicht lange her, da beschloss der Bundestag das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Das ist ein Titel, den man kaum — ohne zwischendrin Luft zu holen — aussprechen kann. In die Überschriftenspalten von Zeitungen passt er auch nicht. Wer weiß noch, was das Wortungetüm regeln soll? Es kommt aus dem Hause von Justizminister Heiko Maas und soll die Verbreitung von Hass und Hetze in sozialen Netzwerken stoppen.

Kreativ zeigte sich in dieser Wahlperiode auch Verkehrsminister Alexander Dobrindt mit seinem "Infrastrukturabgabegesetz", das im Wahlkampf von der CSU noch als Ausländermaut beworben worden war. Doch mit so viel Wahrheit im Titel wäre das ohnehin hoch umstrittene Gesetz garantiert bei der EU-Kommission in Brüssel wegen Diskriminierung nicht-deutscher Autofahrer durchgefallen.

Der Umstand, dass in dieser Wahlperiode die Sozialkassen gut gefüllt waren und die Steuern reichlich flossen, schlägt sich auch in einigen Gesetzestiteln nieder. Gesundheitsminister Hermann Gröhe durfte viel Geld verteilen und verabreichte Gesundheits- und Pflegesystem quasi Aufbaupillen in Paragrafen-Form mit seinem GKV-Stärkungsgesetz und seinem Pflegestärkungsgesetz. Für die in der Umgangssprache einfach als Mütterrente bekannte Sozialleistung reihte Andrea Nahles gleich fünf Substantive im Rentenversicherungs-Leistungsverbesserungsgesetz aneinander. Dabei geht es auch einfach, wie die Arbeitsministerin mit dem schlichten Titel "Mindestlohngesetz" für die gleichnamige Regelung bewies.

Die Namensfindung für Gesetze war in dieser Wahlperiode noch vergleichsweise einfach. Denn die Neuregelungen gingen häufig auf Wahlversprechen zurück, die zumindest für eine größere Gruppe gedacht waren — während man die Kosten dafür geschickt auf die Zukunft verteilte.

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten müssen die Regierenden viel kreativer sein bei der Namensfindung für Gesetze. Die größte Mehrwertsteuererhöhung der bundesrepublikanischen Geschichte 2007 von damals 16 auf heute 19 Prozent verpackte der Finanzminister beiläufig im unverdächtig klingenden "Haushaltsbegleitgesetz".

Selbst für diejenigen, die die Arbeitsmarktreformen der Regierung Schröder für richtig und für eine wichtige Grundlage unseres Wohlstands heute halten, ist der Titel seiner unter Hartz I bis IV bekannt gewordenen Reformen doch eine Nebelkerze: "Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt".

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(qua)
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