Kolumne Berliner Republik Angela-Merkel-Festspiele im Buchladen

Berlin · In Deutschlands Buchhandlungen bekommt Angela Merkel wohl bald eine eigene Abteilung. Gleich sechs neue Bücher sind rechtzeitig zur Bundestagswahl erschienen. Damit hat Merkel zumindest publizistisch Altkanzler Helmut Kohl eingeholt.

Diese Moderatoren warten auf Steinbrück und Merkel
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Wenn die Anzahl der erschienenen Porträts und Biografien mit der Popularität eines Politikers positiv korreliert, dann ist Angela Merkel der Wahlsieg im Herbst nicht mehr zu nehmen. Sieben Journalisten haben zuletzt sechs neue Bücher über die CDU-Chefin geschrieben. Nach und nach fluten die Werke nun die Regale. Buchhändler spotten intern schon über den "Merkel-Altar", den sie errichten müssen, um alle Biografien zusammen zu präsentieren.

Der Kanzlerin kann es nur recht sein. Zwischen den Buchdeckeln kommt sie alles in allem gut weg. "SZ"-Journalist Stefan Kornelius ("Die Kanzlerin und ihre Welt") beschreibt so wohlwollend wie ausführlich, wie sich Merkel in der Außenpolitik zurechtfindet, mit welcher Neugier sie Nationen begegnet und wie ungern sie in Hotels übernachtet. "Bild"-Vize Nikolaus Blome ("Die Zauder-Künstlerin") trägt pittoreske Anekdoten aus Merkels Regierungsalltag zusammen. Eine zaudernde, aber "sympathische Frau", findet er. Die irische Journalistin Judy Dempsey wagt sich an das "Phänomen Merkel" heran und bilanziert lapidar, dass Merkel es noch besser machen könnte.

Kritisch fasst der "Frankfurter Rundschau"-Autor Stephan Hebel Merkel in "Mutter Blamage" an. Die Kanzlerin wird als willfährige Dienerin der Wirtschaft beschrieben, was angesichts der Sozialdemokratisierung der Merkel-CDU eine gewagte These ist. Merkels Linksschwenk von Mindestlohn bis zur Energiewende ist wiederum Gegenstand der lesenswerten Analyse des KNA-Journalisten Volker Resing ("Die Kanzlermaschine").

Kurzfristige Nervosität

Nur die Einblicke in Merkels Jahre im Sozialismus (Reuth/Lachmann, "Das erste Leben der Angela M.") haben im Kanzleramt kurzfristig Nervosität hervorgerufen. Dass die DDR-Bürgerin Angela M. keine leidenschaftliche Regimegegnerin war, gehört zum Allgemeinwissen. Nun wollen Journalisten Indizien gefunden haben, die belegen, dass Merkel sich im Stasi-Umfeld gemütlicher eingerichtet hat als bekannt. Merkel ließ das Geschriebene schnell als "nichts Neues" abqualifizieren. Nun ja.

Die Chance, dass ein politisch interessierter Bürger seinen Sommerurlaub mit einem Merkel-Buch im Gepäck verbringt und rechtzeitig zur Wahl mit Merkel-Bildern im Kopf zurückkehrt, ist jedenfalls groß. Je nach Definition kursieren 25 Merkel-Bücher. Selbst der "ewige" Kanzler Helmuth Kohl kann nicht mehr vorweisen. Abgeschlagen ist auch Merkels Herausforderer Peer Steinbrück. Drei Biografien sind auf dem Markt. Für einen eigenen Stand im Buchgeschäft reicht das nicht.

(brö)
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