Der hessische Ministerpräsident im Interview Koch: "Unsere Anhänger wollen keinen Streit"

Düsseldorf (RP). Der neue stellvertretende CDU-Vorsitzende, Hessens Ministerpräsident Roland Koch, sieht die CDU-Vorsitzende Angela Merkel nach dem Dresdner Parteitag gestärkt. Im Interview mit unserer Redaktion spricht er über den Richtungsstreit in der Partei.

Ist die Richtung der CDU nach dem Dresdner Parteitag jetzt klarer?

Koch Der Parteitag hat sehr deutlich gemacht, dass die CDU einen Kurs in der Mitte halten will. Die Partei sieht keinen Anlass, den Weg der Reformen, den sie auch in Leipzig begonnen hat, zu verändern. Und sie ist dennoch offen, auf die neuen Herausforderungen etwa durch den internationalen Wettbewerb einzugehen. Die Zeiten sind nicht geeignet für Richtungsstreite ­ mitten in einer schwierigen Aufgabe in der großen Koalition.

War der ausgetragene Richtungsstreit am Ende nützlich oder eher schädlich?

Koch Parteien profitieren am Schluss immer ganz gut davon, wenn sie auch wieder ihre Diskussionsgrenzen ausgetestet haben. Trotzdem müssen wir damit vorsichtig umgehen, denn unsere Anhänger erwarten alles von uns, nur keinen Streit. Parteitage sind dann auch ein Ort der Klärung. Ich denke, dass sich Angela Merkel mit ihrem Kurs hier sehr gestützt sehen kann. Parteien müssen nicht in allen Fragen einer Meinung sein, aber wir müssen am Ende eines Klärungsprozesses gemeinsam das vertreten, was wir geklärt haben.

Wird die CDU jetzt den Rüttgers-Antrag offensiv gegenüber dem
Koalitionspartner SPD vertreten?

Koch Natürlich werden wir das mit dem Koalitionspartner besprechen. Das ist ja auch ein Bestandteil unseres Wahlprogramms gewesen. Es ist allerdings ersichtlich, dass die Sozialdemokraten sich im Augenblick mit Händen und Füßen dagegen wehren. Aber die SPD wird in den nächsten Monaten genauso Punkte haben, die sie unbedingt durchsetzen will. Das ist jetzt eine Aufgabe der Verantwortlichen in der Koalition, den Punkt angemessen zu verhandeln.

Jürgen Rüttgers sieht sich als eine Art soziales Gewissen der CDU. Sind
Sie eine Art wirtschaftspolitisches Gewissen?

Koch Die CDU kann nur Erfolg haben, wenn sie die unterschiedlichen Strömungen auch mit den Köpfen der handelnden Personen abbildet. Am Ende sehen das Jürgen Rüttgers und ich genauso. Ich habe eine große soziale Verantwortung für die Arbeitnehmer in meinem Land. Und Jürgen Rüttgers kann ohne große internationale Unternehmen, die freiwillig in Deutschland investieren, nicht das Land Nordrhein-Westfalen erfolgreich führen. Das heißt, wir haben eine Verantwortung, am Ende eine Symbiose zu finden. Jürgen Rüttgers hat in den letzten Wochen den Schwerpunkt der sozialen Verantwortung besonders betont. Das ist sein gutes Recht, ohne dass er deshalb jetzt der Alleinzuständige für das Soziale wäre.

Enttäuscht Sie die skeptische Reaktion der Arbeitgeber auf den
CDU-Vorschlag eines Investivlohns?

Koch Die Arbeitgeber sind der Grund, warum es bisher so wenig Investivlohn oder Arbeitnehmer-Beteiligung in Deutschland gibt. Aus meiner Sicht haben sie in den vergangenen zwei Jahrzehnten damit einen großen Fehler gemacht. Hätten wir heute eine wesentlich höhere Beteiligung von Arbeitnehmern am Produktivkapital, müssten wir nicht so sorgenvoll auf manche Übernahmeschlachten schauen, müssten wir nicht so viel über Private-Equity-Fonds reden. Denn dann wäre dies das Kapital der eigenen Arbeitnehmer ­ ob im jeweiligen Betrieb oder in einer Fondslösung. Wenn die Arbeitgeberverbände jetzt wieder Sand ins Getriebe werfen gegen eine Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen, dann macht sie einen schweren Fehler.

Sie sind mit dem besten Ergebnis der Ministerpräsidenten zum
Vize-Parteichef gewählt worden. Sehen Sie sich jetzt als Leibgarde für
Angela Merkel?

Koch Eine Partei will nicht, dass ihre ?Oberen? dauernd Konflikte um ihre Führung austragen. Angela Merkel als unsere Vorsitzende hat das Recht zu verlangen, dass alle sie gemeinsam unterstützen. Dass ich diese Aufgabe erfülle, habe ich durch mein Verhalten in den letzten Jahren deutlich gemacht, das kennt die Partei von mir. Diese Aufgabe muss ich nicht ändern. Und genau dabei wird es bleiben. Ich glaube, dass das allen am besten dient.

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