CDU-Pakt für Kernkraft Koch hält Atomausstieg für "grob unverünftig"

Berlin (rpo). Neun CDU-regierte Bundesländer verlangen eine Abkehr vom Atomausstieg, wie am Wochenende bekannt wurde. Die SPD wies die Forderung umgehend zurück. Beide Parteien hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, dass der Atomausstieg weiter gilt. Die Atom-Befürworter in der Union werden aber immer lauter. Einer der Wortführer ist Hessens Ministerpräsident Roland Koch.

Koch sagte am Sonntagabend in den ARD-"Tagesschau", es müsse dafür gesorgt werden, dass in Deutschland zu preiswerten Bedingungen auch in Zukunft jederzeit genügend Energie zur Verfügung stehe. "Wenn man sieht, was alle anderen Lände der Welt zurzeit machen, ist es grob unvernünftig, die Option der Kernenergie aufzugeben", betonte Koch.

Auch Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU), macht auch erneut für längere Laufzeiten der Atommeiler stark. Den Ausstieg vom Ausstieg fordern laut Bericht des "Focus" auch die Landesregierungen von Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und des Saarlandes in einem Papier, das die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) erarbeitet habe. Zur Begründung hieß es, dass "sich die energiepolitischen Rahmenbedingungen seit der Vereinbarung im Jahre 2000 deutlich verändert haben". Die Länder wollen eine Verständigung, "mit der die Abschaltung von Kernkraftwerken in den nächsten Jahren vermieden wird".

Hessens Umweltminister Wilhelm Dietzel (CDU) mahnte, wer auf Kernenergie verzichten wolle, müsse sagen, wie sie ersetzt werden soll. Deutschland könne nicht gleichzeitig aus Kernenergie und Kohle aussteigen und sich so in eine "massive Abhängigkeit vom Erdgas" begeben.

Der saarländische SPD-Chef Heiko Maas stellte am Sonntag klar: "Am Atomausstieg wird nicht gerüttelt". Wer wieder in die Atomenergie einsteigen wolle, sei ein "energiepolitischer Geisterfahrer", unterstrich Maas. Es sei "höchst unverantwortlich", die derzeit hohen Energiepreise für eine Renaissance der Atomenergie in Deutschland zu nutzen.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller (SPD), lehnte die Vorstöße aus der Union mit Hinweis auf den Koalitionsvertrag ab, wo der Ausstieg bestätigt wurde. "Da wird sich die CDU die Zähne ausbeißen", sagte Müller in der ARD und fügte hinzu: "Das sind die Schlachten von gestern." Jetzt komme es darauf an, Zukunftstechnologien zu entwickeln. "Die haben nichts mit der Atomkraft zu tun", betonte Müller.

Die neun Länder positionieren sich mit ihrem Papier für die Erarbeitung eines nationalen Energiekonzepts, das bis zum zweiten Halbjahr 2007 stehen soll. Im April fand im Kanzleramt dazu ein erster Energiegipfel statt, dem ein weiteres Spitzentreffen im Herbst folgen soll.

Derweil deutet sich ein Konflikt zwischen Forschungs- und Umweltministerium an. Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) sagte: "Für die Sicherung einer ausreichenden Energieversorgung auch in der Zukunft ist es notwendig, keine der möglichen Optionen der Energieerzeugung von vorneherein auszuschließen." Sie sprach sich daher für eine Stärkung der Nuklearforschung aus, um die hohen Sicherheitsstandards der deutschen Kernkraftwerke zu gewährleisten.

Das Umweltministerium reagierte zurückhaltend. "Solange es um Kompetenzerhalt und Sicherheitsoptimierung geht, sind wir mit dabei. Wenn allerdings die Absicht dahinter steckt, neue Reaktorlinien zu erforschen, dann halten wir davon nicht viel", sagte ein Sprecher von Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD).

(afp)
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