Einigung auf weitere Corona-Hilfen Koalition will Kurzarbeitergeld erhöhen und Gastronomie helfen

Berlin · Die große Koalition hat sich auf weitere milliardenschwere Hilfsmaßnahmen in der Corona-Krise geeinigt. Um die Entscheidungen zu Kurzarbeitergeld sowie Unterstützungen für die Gastronomie und für Schüler wurde bis spät in die Nacht gerungen. Ein Überblick.

 Die Spitzen von Union und SPD in der Nacht vor dem Kanzleramt. Sie wollen das Kurzarbeitergeld für besonders von der Corona-Krise betroffene Arbeitnehmer anheben.

Die Spitzen von Union und SPD in der Nacht vor dem Kanzleramt. Sie wollen das Kurzarbeitergeld für besonders von der Corona-Krise betroffene Arbeitnehmer anheben.

Foto: dpa/Markus Schreiber

Für Arbeitnehmer, Gastronomiebetriebe, Unternehmen und Schulen gibt es in der Corona-Krise neue milliardenschwere Hilfen. Darauf haben sich die Spitzen der Koalition in der Nacht verständigt. Das Kurzarbeitergeld soll erhöht werden, zugleich wird die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds verlängert. Gastronomiebetriebe bekommen Steuererleichterungen.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sprach von „sehr intensiven Verhandlungen“, bei denen es um schwierige Detailfragen gegangen sei. Sie sei aber „sehr froh und zufrieden mit dem Ergebnis“. Der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans sagte, es seien wichtige Beschlüsse für Unternehmen und Arbeitnehmer, die unter Einbußen litten, getroffen worden. Dafür habe es sich gelohnt, auch länger als erwartet zusammenzusitzen und kontrovers zu diskutieren.

Die sind die Beschlüsse:

Anhebung des Kurzarbeitergeldes

Durch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise sind Hunderttausende Beschäftigte in Kurzarbeit. Die Bundesagentur für Arbeit ersetzt einen Teil des weggefallenen Nettoeinkommens: Bei kinderlosen Beschäftigten 60 Prozent und bei Beschäftigten mit Kindern 67 Prozent. Zwar sehen einige Tarifverträge vor, dass das Kurzarbeitergeld auf fast 100 Prozent des Nettolohns aufgestockt wird. In vielen Branchen gilt das aber nicht. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), forderte daher, es befristet auf 80 und 87 Prozent zu erhöhen.

Die Koalitionsspitzen wollen das Kurzarbeitergeld nun gestaffelt anheben: Für jene mit einer um mindestens 50 Prozent reduzierte Arbeitszeit soll es ab dem 4. Monat des Bezugs auf 70 Prozent steigen, für Haushalte mit Kindern auf 77 Prozent. Ab dem 7. Monat soll es auf 80 Prozent (87 Prozent für Haushalte mit Kindern) steigen. Die Maßnahme läuft bis maximal Ende 2020.

Arbeitnehmer in Kurzarbeit dürfen außerdem vom 1. Mai bis zum Jahresende mehr dazuverdienen - bis zur vollen Höhe des bisherigen Monatseinkommens.

Verlängerung des Arbeitslosengeldes

Neue Jobs werden derzeit kaum vermittelt. Deswegen soll die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I verlängert werden - und zwar um drei Monate und für diejenigen, deren Anspruch zwischen dem 1. Mai und 31. Dezember 2020 enden würde.Wer arbeitslos wird, bekommt bisher zwölf Monate lang Arbeitslosengeld, das gilt für Arbeitnehmer bis 50 Jahre - vorausgesetzt, sie waren zuvor 24 Monate oder länger versicherungspflichtig. Für Arbeitslose ab 50 Jahren steigt die Bezugsdauer nun schrittweise auf bis zu 24 Monate an. Voraussetzung: Sie waren 48 Monate oder länger versicherungspflichtig. Die Höhe des Arbeitslosengelds beträgt 60 Prozent des letzten Netto-Entgelts, bei Arbeitslosen mit Kindern sind es 67 Prozent.

Steuerhilfen für die Gastronomie

Gastronomiebetriebe sollen steuerlich entlastet werden. Die Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie wird ab dem 1. Juli befristet bis zum 30. Juni 2021 auf den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent gesenkt. Bisher gilt für Speisen, die in einem Restaurant, einem Café oder einer Bar verzehrt werden, ein Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Für Gerichte, die der Gast mitnimmt oder nach Hause bestellt, fallen in der Regel nur 7 Prozent an, dieser Satz soll nun generell gelten.

Mehr Geld für Schulen

Anfang Mai soll der Unterricht zwar schrittweise wieder starten. Der Bund will Schulen und Schüler aber dennoch beim digitalen Unterricht zu Hause mit 500 Millionen Euro unterstützen. Geplant ist ein Sofortausstattungsprogramm, das die Schulen in die Lage versetzen soll, bedürftigen Schülerinnen und Schülern einen Zuschuss von 150 Euro für die Anschaffung entsprechender Geräte zu gewähren. Darüber hinaus sollen Schulen gefördert werden, die Mittel für professionelle Online-Lehrangebote benötigen.

Nachbesserungen bei Wirtschaftshilfen

Die Bundesregierung hatte bereits angekündigt, die milliardenschwere Hilfsprogramme für die Wirtschaft bei Bedarf nachzubessern. Geplant sind nun steuerliche Entlastungen für kleine und mittelständische Unternehmen um Liquidität zu sichern. Konkret geht es um die sogenannten Verlustverrechnung. Absehbare Verluste für dieses Jahr sollen mit Steuer-Vorauszahlungen aus dem vergangenen Jahr verrechnet werden dürfen.

Kosten der neuen Hilfen

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans sprach von Kosten in Höhe von „oberhalb“ 10 Milliarden Euro für das neu geschnürte Paket, allein die Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie koste für ein Jahr bis zu 5 Milliarden, die Hilfen für die Liquidität der Firmen rund vier Milliarden. Die Bundesregierung hatte bereits massive Hilfspakete für Unternehmen, Selbstständige und Arbeitnehmer geschnürt. Dafür plant sie mit neuen Schulden in Höhe von 156 Milliarden Euro.

Wegen der Hilfspakete steigt Deutschlands Staatsverschuldung deutlich an. Das Finanzministerium rechnet damit, dass die Schuldenquote - also das Verhältnis der Schulden zur gesamten Wirtschaftsleistung - Ende des Jahres bei 75,25 Prozent liegen wird. Das dürfte aber noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Denn neben den akuten Krisenhilfen sind auch Maßnahmen geplant, um die Konjunktur wieder anzukurbeln. Auch das dürfte Milliarden kosten. Die Steuereinnahmen aber dürften zurückgehen, weil Deutschland in eine Rezession rutscht.

(juju/dpa/Reuters/AFP)
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