Koalitionsausschuss Letzte Chance für eine Wahlrechtsreform

Berlin · Seit der Nominierung von Olaf Scholz zum SPD-Kanzlerkandidaten liegt ein Hauch von Wahlkampf über Republik. Ob dennoch weiter Kompromisse in der großen Koalition möglich sind, wird sich am Dienstag im Koalitionsausschuss zeigen.

 Und immer wieder steht das Wahlrecht auf der Tagesordnung. Ohne eine Reform könnte der Bundestag 2021 auf XXL-Größe anschwellen.

Und immer wieder steht das Wahlrecht auf der Tagesordnung. Ohne eine Reform könnte der Bundestag 2021 auf XXL-Größe anschwellen.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Erstmals nach der Sommerpause und erstmals nach der Nominierung von Olaf Scholz zum SPD-Kanzlerkandidaten kommen die Spitzen von Union und SPD am Dienstag im Koalitionsausschuss zusammen. Noch stehen nicht alle Themen fest, aber es zeichnen sich schon Konflikte ab. Wie sich die frühe Wahlkampferöffnung durch die SPD auf die Arbeit der Koalition auswirken wird, ist auch eine spannende Frage für dieses Spitzentreffen der Koalition. Voraussichtlich geht es um folgende Themen:

Wahlrecht In dieser Frage rasen zwei Züge aufeinander zu. Die Sozialdemokraten wollen die Zahl der Abgeordneten im Bundestag auf 690 deckeln und haben dazu auch einen Gesetzentwurf vorgelegt. Die Union hingegen hat ein Modell vorgestellt, nach dem die Zahl der Wahlkreise moderat reduziert werden soll. Es soll ebenfalls zu Kürzungen bei Ausgleichs- und Überhangmandaten kommen. Ein Kompromiss ist  nicht in Sicht –  die Stimmung in dieser Frage ist vergiftet.

Kurzarbeitergeld  Die große Koalition ist sich im Grundsatz bereits einig, die Bezugszeit des Kurzarbeitergeldes von zwölf auf 24 Monate bis März 2022 zu verlängern. Die Union dringt allerdings darauf, die Übernahme von 100 Prozent der Sozialbeiträge für Kurzarbeiter durch die Bundesagentur für Arbeit  an Bedingungen zu knüpfen. So sollen die 100 Prozent nur Unternehmen erhalten, die ihren Mitarbeitern während der Kurzarbeit Weiterbildungsangebote machen. SPD und Wirtschaftsvertreter lehnen das ab. Zudem will die Union die Missbrauchskontrolle verschärfen.

Insolvenzanträge Die Regierung hatte im Insolvenzrecht die Regeln coronabedingt bereits gelockert. Die Frist, bis zu der angeschlagene Unternehmen nicht sofort Insolvenz anmelden müssen, läuft aber Ende September aus. Da im Herbst eine Insolvenzwelle drohen würde, will Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) die Frist bis Ende März 2021 verlängern. Das soll allerdings nicht für bereits zahlungsunfähige Unternehmen gelten. Wirtschaftspolitiker der Union wollen die Verlängerung aber nur bis Jahresende, weil sie befürchten, dass viele „Zombie-Unternehmen“ entstehen, die künstlich am Leben erhalten werden und am Ende andere mitreißen könnten.

Weitere Themen Möglicherweise soll im Zusammenhang mit den zahlreichen jüngst bekannt gewordenen Fällen von schwerem sexuellen Missbrauch auch noch einmal die Frage von Kinderrechten im Grundgesetz besprochen werden. Auf die Tagesordnung könnten auch die Frauenquote für Unternehmensvorstände und weitere Themen mit Bezug zur Pandemie kommen.

(qua)
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