Reaktionen auf Koalitionsbeschlüsse Umwelthilfe entsetzt über Beschlüsse – Kommunen und Wirtschaftsweise zufrieden
Berlin · Verhaltenes Lob von den Kommunen und Ökonomen, harsche Kritik von Umweltverbänden: Die Reaktionen auf die Ergebnisse des Koalitionsausschusses der Ampel zum Klimaschutz im Verkehr können unterschiedlicher nicht sein.
So hat der Deutsche Städte- und Gemeindebund die Beschlüsse der Ampel-Koalition zum beschleunigten Ausbau der Verkehrsinfrastruktur begrüßt. „Der Koalitionsausschuss hat offenbar seinen Streit um den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur auf der einen Seite und Erreichung der Klimaziele im Verkehrssektor auf der anderen Seite beigelegt“, sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, unserer Redaktion. „Deutschland wird noch sehr lange auf die Automobilität angewiesen sein. Es wird Jahrzehnte dauern, das Schienennetz – auch das europäische – so auszubauen, dass das Volumen der Schienentransporte sehr deutlich steigen kann. Da andererseits wegen der Bedarfe der Verkehr nicht ab- sondern zunimmt, ist es natürlich sinnvoll, nicht nur das Straßennetz zu ertüchtigen, sondern Neubauten mit Augenmaß zuzulassen, um den Verkehrsfluss zu verbessern“, sagte Landsberg. „Solange in den ländlichen Regionen oftmals der Bus nur ein oder zweimal am Tag fährt, bleiben die Pendler auf ihr Auto angewiesen.“
Skeptischer zeigte sich dagegen der Deutsche Städtetag. „Die Hängepartie hat ein Ende. Das ist die gute Nachricht. Ob die Einigung der große Wurf geworden ist, wird sich noch zeigen müssen“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy.
Auch die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hat die Ergebnisse des Koalitionsausschusses gelobt. „Es stellt sich als positiv heraus, dass der Koalitionsausschuss sich etwas Zeit gelassen hat“, sagte Grimm. „Den Ausbau der Schiene über eine Lkw-Maut zu finanzieren, ist eine gute Idee“, sagte das Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.
„Die Reform des Klimaschutzgesetzes mit Blick auf die zeitliche und intersektorale Flexibilität ist ebenfalls eine gute Sache — sofern die Emissionsreduktionsziele eingehalten werden“, sagte sie. „Im Gebäudesektor ist es offenbar auch gelungen, die negativen Aspekte abzuräumen. Das dürfte alles nicht dazu führen, dass die Stimmung sich gegen den Klimaschutz wendet“, so Grimm. „Die Ergebnisse machen Mut, dass die Koalition handlungsfähig ist. Ein wichtiges Signal“, sagte sie.
Dagegen fiel die Kritik der Deutschen Umwelthilfe vernichtend aus. „Diese Anti-Klimaschutz-Koalition legt allen Ernstes Hand an das Bundesklimaschutzgesetz. Damit versündigt sie sich an allen künftigen Generationen. Das geplante Schleifen des Klimaschutzgesetzes aus der Merkel-Ära mit den verpflichtend einzuhaltenden jährlichen Sektorziele widerspricht komplett Geist und Inhalt des historischen Klimaschutzurteils des Bundesverfassungsgerichts, das wir als Deutsche Umwelthilfe mit Kindern und jungen Erwachsenen erstritten haben“, sagte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Linken-Chefin Janine Wissler warf der Ampel-Koalition trotz der Einigung am Dienstagabend Handlungs- und Manövrierunfähigkeit vor. „Der zähe Koalitionsgipfel wirft kein gutes Licht auf die Ampel. Der fortgesetzte Streit in der Ampel-Koalition zeigt, dass die Bundesregierung in zentralen Aufgabenfeldern nicht handlungsfähig ist“, sagte Wissler unserer Redaktion. „Vereinbarungen zum Klimaschutz, Kindergrundsicherung und Verkehrswende stürzen die Koalition in nächtelange Verhandlungen, obwohl viele Maßnahmen bereits im Koalitionsvertrag vereinbart sind. Auf der Hand liegende Notwendigkeiten wie das Aussetzen der Schuldenbremse und eine andere Steuerpolitik werden nicht mal ernsthaft in Erwägung gezogen“, sagte die Parteivorsitzende.