41-Punkte-Plan und 590 Millionen Euro Koalition winkt Steuererleichterungen durch

Berlin (RPO). Die Koalition hat sich auf Steuervereinfachungen für Bürger und Unternehmen verständigt. Der Koalitionsausschuss aus Spitzenvertretern von CDU, CSU und FDP billigte nach Angaben von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle am Donnerstagabend in Berlin einen Katalog mit 41 Maßnahmen.

Neun Steuererleichterungen für Bürger
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Foto: ddp

Vorgesehen ist unter anderem, den Arbeitnehmer- Pauschalbetrag von 920 auf 1000 Euro anzuheben, wodurch beim Finanzamt künftig weniger Einzelnachweise über Werbungskosten eingereicht werden müssen. Zudem soll es ausreichen, wenn Arbeitnehmer alle zwei Jahre eine Steuererklärung abgeben. Bei der Gewährung von Kindergeld und Kinderfreibeträgen müssen von erwachsenen Kindern künftig keine Einkommensnachweise mehr vorgelegt werden. Die Vereinfachungen kosten den Staat 590 Millionen Euro.

Schäuble und Brüderle betonten, das Paket solle Teil eines generellen Entlastungskurses der Regierung sein. "Damit haben wir einen Schritt Richtung Vereinfachung und Steuerentlastung verabredet", sagte Schäuble. "Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem einfacheren Steuersystem." Brüderle betonte, nun werde bereits der 2. Schritt nach den Steuersenkungen zum 1. Januar 2010 gegangen. Man habe ein "schönes kleines Paket auf dem Gabentisch der Bürgerinnen und Bürger" vor Weihnachten gelegt.

Auf die Frage nach weiteren Steuersenkungen sagte der FDP-Politiker: "Und es gibt noch viele Weihnachtsfeste mit schönen Gaben auf dem Tisch." Schäuble warnte davor, nun nach dem Beschluss zur Steuervereinfachung sofort wieder über die nächsten Schritte zu reden und nicht zunächst die eigenen Beschlüsse zu erklären.

Schäuble betonte, viele Vorschläge zum Bürokratieabbau könnten ohne Gesetze umgesetzt werden. Bei den nötigen Gesetzen, die jetzt auf den Weg gebracht würden, werde geprüft, welche Maßnahmen rückwirkend zum 1. Januar umgesetzt werden könnten.

Der Wirtschaftsminister deutete zudem an, dass er noch auf Bewegung in der Frage eines vereinfachten Fachkräftezuzugs hoffe. Die Unionsfraktion lehnt hier die von FDP und etlichen CDU-Ministern geforderte Senkung der Mindesteinkommensgrenze bei der Anwerbung von ausländischen Fachkräften ab. Die FDP hofft nun, dass sich die Koalitionsrunde am Abend zumindest auf die Feststellung einigt, dass Handlungsbedarf bei der Anwerbung herrscht. Die Regierung solle ein Signal der Handlungsfähigkeit senden.


Mehr Fachkräfte ins Land

Noch nicht einig ist sich die Koalition bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen strebt eine erleichterte Zuwanderung von ausländischen Fachkräften an und will die Hürden für einige Berufe senken. So plant die CDU-Politikerin unter anderem, die "Vorrangprüfung" befristet auszusetzen, wonach Arbeitgeber prinzipiell nur dann eine ausländische Fachkraft einstellen dürfen, wenn die Arbeitsagentur keinen Bewerber aus dem Inland findet.

Außerdem plädiert die Ministerin dafür, die Mindestverdienstgrenze für Zuwanderer von derzeit 66.000 Euro zu senken. Im Gespräch ist nach Angaben aus Koalitionskreisen eine Grenze von etwa 50.000 Euro, aus der FDP gibt es darüber hinaus Forderungen nach einer Absenkung auf 40.000 Euro. Die Liberalen wollen zudem ein Punktesystem einführen. Gegen diese beiden Vorhaben wehrt sich allerdings die CSU.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte im Deutschlandfunk, es gebe einen erheblichen Bedarf an Fachleuten, der allein mit inländischen Bewerbern nicht gedeckt werden könne. Deshalb müsse das Land sich für eine Diskussion über die Zuwanderung von hoch qualifizierten Kräften aus dem Ausland öffnen.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast forderte zur Bekämpfung des Fachkräftemangels umfassende Änderungen beim Zuwanderungsrecht. Außerdem müsse die Mindestverdienstgrenze von 66.000 auf 40.000 Euro gesenkt werden, sagte sie dem SWR.

Reform der Bundeswehr

Nach Informationen des "Kölner Stadt-Anzeigers" steht im Koalitionsausschuss die von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) angekündigte Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 wieder auf der Kippe. "Das Datum steht noch nicht fest", zitierte das Blatt einen führenden CSU-Vertreter. So müssten zwischen dem Verteidigungs- und dem Familienministerium insbesondere Details des Übergangs zum freiwilligen Wehr- beziehungweise Zivildienst geklärt werden.

Über das Thema Wehrpflicht hinaus dürfte es beim Koalitionsausschuss auch um die Umsetzung der Bundeswehrreform insgesamt gehen. Guttenberg hat in diesem Jahr noch einen Etat von rund 31,5 Milliarden Euro zur Verfügung, muss aber bis 2014 gut 8,4 Milliarden Euro einsparen. Er hatte zuletzt allerdings Zweifel an der Umsetzung des Sparziels geweckt.

"Steuerpolitik mit Mondzahlen"

Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, kritisierte die von der Koalition geplanten Steuervereinfachungen als unzureichend. Mit Blick auf die Erhöhung der Werbungskostenpauschale sagte er in der ARD, dies sei keine Erleichterung für den Bürger. Dieser müsse weiter Belege sammeln, weil er nicht wisse, ob er "950 oder 1.050 Euro" Werbungskosten haben werde. Eine Vereinfachung gebe es zudem nur für denjenigen, der mit seinen Werbungskosten zwischen 920 und 1.000 Euro lande: "Das sind relativ wenig Bürger."

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Joachim Poß kritisierte, die Regierungskoalition von Union und FDP pumpe "ihre Steuerpolitik mit Mondzahlen auf".

(apd/nbe)
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