Krisentreffen am Abend Koalition verliert sich im Gekeife

Berlin (RPO). Die große Koalition erinnert mehr denn je an ein altes, hoffnunglos zerstrittenes Ehepaar. Wieder mal steht ein Treffen der Partner an, wieder hat es vorher heftig gekracht. Auch im Vorfeld der heutigen Koalitionsrunde verlieren sich die Koalitionäre in persönlichen Schmähungen und Schuldzuweisungen. Eine Eheberatung käme vermutlich zu spät.

Die Streitfragen der Koalition
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Foto: AFP

SPD-Chef Kurt Beck appellierte noch wenige Stunden vor der abendlichen Spitzenrunde im Berliner Kanzleramt an die Union: "Wir müssen uns mal klarwerden, ob wir einen klaren Kurs fahren, oder ob jeder, der gerade Wahlkampf hat, macht, was er will." Mit Blick auf die Meinungsverschiedenheiten zwischen CDU und CSU sagte Beck: "Es ist wahr: Man weiß nicht, wo man dran ist zurzeit."

SPD-Fraktionschef Peter Struck sagte, CSU-Chef Erwin Huber verhalte sich "völlig koalitionswidrig", wenn er jetzt versuche, über die Pendlerpauschale seine "marode CSU" im bayerischen Landtagswahlkampf nach oben zu bringen.

Angeheizt wurde die Stimmung vor dem am Mittwochabend angesetzten Koalitionstreffen durch eine Forsa-Umfrage, derzufolge die SPD auf ihrem Rekordtief von 20 Prozent verharrt. Die Union verschlechterte sich im Vergleich zur Vorwoche von 36 auf 35 Prozent. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla verhöhnte daraufhin die Sozialdemokraten lustvoll. Die SPD habe "den Charakter einer Volkspartei bereits verloren".

"Eine Reihe von Themen"

Zur Tagesordnung der Spitzenrunde im Kanzleramt unter Leitung von Regierungschefin Angela Merkel sagte Beck: "Ich gehe immer guter Stimmung in die Verhandlungen. Wir haben eine Reihe von Themen, von denen wir hoffen, dass wir sie auf den Weg bringen können."

Mit Blick auf CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer, der den Sozialdemokraten eine "Selbstdemontage" attestiert hat, sagte Beck: "Er wird heute Abend so zahm sein, wie er immer am Tisch ist und draußen so laut, wie er immer ist. Das hat wenig Bedeutung."

Ein Stück Krisengipfel

Der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Peter Ramsauer, sagte, die erste Koalitionsrunde seit sechs Wochen sei auch "ein Stück Krisengipfel, weil in der großen Koalition in den letzten Wochen sehr viel Porzellan zerschlagen worden ist, wegen der Selbstdemontage der SPD als glaubwürdiger Partner".

Der CSU-Vorsitzende Erwin Huber pochte indes erneut auf die Wiedereinführung der Pendlerpauschale. Huber sagte unserer Redaktion: "Wir halten daran fest, dass wegen der stark gestiegenen Kraftstoffpreise die Entlastung der fleißig arbeitenden Berufspendler dringend notwendig ist. Davon bringt uns niemand ab." Man könne die Steuerzahler nicht bis 2012 warten lassen, sonst würden die Leistungserbringer völlig demotiviert.

Die Opposition im Bundestag hielt der Regierung aus Union und SPD Untätigkeit vor. Linke-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch kritisierte, die Koalition liege wie Mehltau über dem Land. "Für die heutige Sitzung des Koalitionsausschusses beantrage ich als TOP 1: Schnellstmögliches Ende der Großen Koalition und Neuwahlen".

(ap)
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