Kommt jetzt die "Bürgerversicherung" ? Koalition sucht Alternative zur Praxisgebühr

Berlin · Die Koalition sucht nach einem Ersatz für die ungeliebte Praxisgebühr. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöllner, machte am Montag aber deutlich, dass auf die Einnahmen von zwei Milliarden Euro im Jahr nicht verzichtet werden könne. Gegen die Praxisgebühr von derzeit zehn Euro im Quartal sprach sich der Sozialverband SoVD aus.

Der CSU-Politiker Zöllner sagte der "Frankfurter Rundschau": "Die Praxisgebühr hat ihre Steuerungsfunktion verloren, wenn sie sie je gehabt hat". Aber sie bringe fast zwei Milliarden Euro im Jahr. "Kreative Experten" sollten eine Alternative zu suchen, die die Einnahmen sichern, die Steuerungswirkung erreichen und Bürokratie abbauen könnten, aber chronisch Kranke nicht überfordern würden. Die Koalition werde das zeitnah angehen.

Der SoVD forderte den Einstieg in eine "Bürgerversicherung". Die Praxisgebühr benachteilige insbesondere chronisch kranke, behinderte und ältere Menschen, erklärte Verbandspräsident Adolf Bauer. Sie sei zudem untauglich, die Zahl der Arztbesuche zu verringern.

Nahles warnt

Die Debatte über die Praxisgebühr war am Wochenende aufgekommen.
Das Gesundheitsministerium dementierte Pläne für eine Gebühr von fünf Euro für jeden Arztbesuch. Die Bundesärztekammer plädierte für die Abschaffung der Gebühr. Auch einige Politiker der Koalition sprachen der Praxisgebühr die Fähigkeit ab, die Arztbesuche zu verringern und so die Ausgaben der Kassen zu drücken.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles warnte Schwaz-Gelb mit scharfen Worten vor einer höheren Praxisgebühr: "Man greift in die Tasche derjenigen, die am schwächsten sind. Das sind vor allem ältere Menschen, die vielleicht einmal pro Woche zum Arzt gehen und dann eben jedes Mal fünf Euro blechen müssen." Den Menschen würde damit auf der einen Seite aus der Tasche gezogen, was ihnen angeblich auf der anderen Seite als Steuerentlastungen wieder zurückgeben werde. "Das ist verlogen".

(APD)
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