Bundestag Koalition plant einjährige Karenzzeit bei Wechsel in die Wirtschaft

Berlin · Wenn ein Minister in die Wirtschaft wechseln möchte, soll er nach dem Willen von Schwarz-Rot künftig mindestens ein Jahr warten müssen. Union und SPD planen nach eigenen Angaben vom Dienstag eine zwölfmonatige Karenzzeit für Regierungsmitglieder. Die Opposition kritisierte das Vorhaben als unzureichend.

 Die Spitzen der großen Koalition beraten am Dienstag über aktuelle Streitthemen.

Die Spitzen der großen Koalition beraten am Dienstag über aktuelle Streitthemen.

Foto: afp, jd-iw

Nach den Worten von Unionsparlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) soll die Regierung in jedem Einzelfall entscheiden, ob überhaupt eine Interessenkollision vorliegt. Nur dann soll die einjährige Wartefrist für den Wechsel in die Wirtschaft gelten, in Ausnahmefällen soll diese um sechs Monate verlängert werden können.

Zu der Frage werde es ein Gesetz geben müssen, weil mit einer solchen Karenzzeit eine Einschränkung der Berufsfreiheit verbunden sei, sagte Grosse-Brömer. Das Gesetz müsse aber noch "finalisiert" werden. Möglicherweise werde es am Dienstagabend im Koalitionsausschuss angesprochen.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann bestätigte in der "Frankfurter Rundschau" (Mittwochsausgabe): "Berufstätigkeit von ausgeschiedenen Ministern wird dann beschränkt, wenn Interessenkonflikte bestehen". Dem Bericht zufolge soll das Kabinett in besonderen Fällen die 18 Monate lange Karenz verlangen können. Die Entscheidung soll auf Vorschlag eines beratenden Gremiums von anerkannten Persönlichkeiten fallen.

Die Linke kritisierte das Vorhaben als "zahnlosen Tiger". Die Festsetzung solle "nicht an einen schwierig zu bestimmenden Interessenkonflikt, sondern an die Ressortzuständigkeit gekoppelt werden", erklärte Parlamentsgeschäftsführerin Petra Sitte. "Dass das Kabinett nach dem Vorschlag der Koalition selbst über die Festsetzung einer Karenzzeit entscheiden soll, macht den Bock zum Gärtner", kritisierte sie.

"Union und SPD haben bei den Karenzzeiten lange gezögert, herumlaviert und vertagt", erklärte Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Britta Haßelmann. Das Europaparlament habe 18 Monate Karenzzeit festgelegt, Lobby-Control und Transparency International forderten drei Jahre. Dazwischen müsse sich eine Karenzzeitregelung für den Bund bewegen.

Auch aus der SPD gab es Kritik. Die Blockadehaltung der Union habe dazu geführt, "dass jetzt nur ein Minimalkonsens erreicht werden konnte", erklärte der Abgeordnete Marc Bülow. Die erzielte Einigung reiche nicht aus.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich bereits im Sommer dafür ausgesprochen, beim Wechsel von Regierungsmitgliedern in die Wirtschaft eine einjährige Karenzzeit einzuhalten. Auch im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart, eine Regelung zum Wechsel von Politikern in die Wirtschaft zu finden.

Zuletzt hatte der Wechsel des ehemaligen Gesundheitsministers Daniel Bahr (FDP) zum Versicherungskonzern Allianz für Diskussionen gesorgt. Zuvor war der frühere Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) wegen der Beratungstätigkeit beim Rüstungskonzern Rheinmetall in die Kritik geraten, die er im Januar 2015 aufnehmen wird. Zum gleichen Termin will der ehemalige Kanzleramtsminister Roland Pofalla seine Tätigkeit als Lobbyist für die Deutsche Bahn beginnen.

(AFP)
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