Klingbeil zum Ampel-Zoff „Der öffentliche Streit in der Koalition muss aufhören“
Exklusiv | Berlin · Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck hat die momentane Leistung der Bundesregierung scharf kritisiert. Jetzt ruft der SPD-Chef zur Mäßigung in der Ampel auf. Alle Augen richten sich auf den Koalitionsausschuss am Wochenende.
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hat an die Ampel-Parteien appelliert, die öffentlichen gegenseitigen Vorwürfe zu beenden und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. „Es geht darum, dass wir alle drei uns bewusst machen, was wir für eine Verantwortung tragen. Wir werden jetzt am Sonntag im Koalitionsausschuss zusammenkommen. Wir haben große Aufgaben zu lösen. Der öffentliche Streit der letzten Tage, das gegenseitige Vorhalten, das ist nicht das, was wir gerade brauchen, um das Land voranzubringen. Daran wird diese Koalition am Ende gemessen“, sagte Klingbeil unserer Redaktion.
Mit Blick auf die Vorwürfe von Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstagabend in der ARD sagte Klingbeil: „Wir haben uns große Ziele gesteckt mit dem Koalitionsvertrag. Die sind durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine auch noch dringlicher geworden, etwa in der Energieversorgung und dem Klimaschutz. Daran werden wir als Regierung gemessen, und dafür müssen wir in einen anderen Arbeitsmodus kommen. Das ist ein Appell an alle drei Parteien in der Regierung. Diese öffentlichen Auseinandersetzungen müssen jetzt aufhören.“ Für die SPD jedenfalls habe er diese „klare Erwartung“.
Habeck (Grüne) hatte sich unzufrieden über den Ist-Zustand der Ampel-Koalition geäußert. „Wir haben einen Auftrag, für die Menschen, für Deutschland was zu leisten und im Moment kommen wir dem nicht ausreichend genug nach“, sagte der Grünen-Politiker am Dienstagabend in den ARD-„Tagesthemen“. Er hoffe, „dass wir jetzt in dieser Woche viele Knoten lösen und viele Blockaden überwinden können. Und dann wieder richtig eine gute Leistungsbilanz bekommen. Aber im Moment ist das sicherlich nicht der Fall.“
In den vergangenen Wochen hatte es zahlreiche Diskussionen zwischen SPD, Grünen und FDP gegeben, vom Autobahnausbau über ein Verbot neuer Öl- und Gasheizungen bis hin zum anstehenden Etat für 2024. Für Sonntag ist ein Koalitionsausschuss angesetzt.
„Das Miteinander im Kabinett ist tadellos“, sagte Habeck. „Wir können die Dinge ruhig und quasi ganz normal bereden, aber wir kriegen sie halt nicht über die politische Ziellinie gebracht, weil dann immer wieder geschaut wird, wie ist der mediale Echoraum, was macht mein nächster Parteitag, wo sind die nächsten Landtagswahlen.“ Nun müsse man sich in der Regierungskoalition wieder „auf uns selbst konzentrieren und uns noch mal klarmachen, welches Privileg es ist, in dieser Regierung zu sein, klarzumachen, dass auch Klimaschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist“.
Habeck kritisierte zugleich, dass ein Gesetzentwurf zum Heizungsaustausch in einem frühen Stadium an die Presse durchgestochen worden sei. „Wir haben eine Frühkoordinierung in der Regierung, das heißt nur wenige Leute kriegen die Gesetzentwürfe, dass man drauf guckt und sagt: Hört mal zu, da haben wir noch Gesprächsbedarf, das könnt ihr nicht in die Ressortabstimmung geben.“ Da sei noch nie etwas durchgestochen worden. „Hier ist der Gesetzentwurf an die „Bild“-Zeitung - und ich muss also unterstellen - bewusst geleakt worden, um dem Vertrauen in der Regierung zu schaden.“ Insofern seien Gespräche der Koalitionspartner „wahrscheinlich mit Absicht zerstört worden, des billigen taktischen Vorteils wegen“. Da so etwas ja nicht aus Versehen passiere, sei er „ein bisschen alarmiert, ob überhaupt Einigungswille da ist“. Das habe dem Vorhaben und der Debatte geschadet.