Fridays for Future, Letzte Generation, Extinction Rebellion Droht eine Spaltung in der Klimaschutzbewegung?

Analyse | Berlin · Für den Klimaschutz engagieren sich mittlerweile zahlreiche Gruppen. Doch anstatt geeint für das gleiche Ziel zu kämpfen, distanzieren sich die Aktivisten voneinander. Warum?

 Die Klimaaktivisten protestieren auf unterschiedlichste Weisen, doch sie verfolgen ein gemeinsames Ziel: eine lebenswerte Zukunft.

Die Klimaaktivisten protestieren auf unterschiedlichste Weisen, doch sie verfolgen ein gemeinsames Ziel: eine lebenswerte Zukunft.

Foto: dpa/Carsten Koall

Sie alle haben ein Ziel: Das Klima schützen. Weltweit setzten sich Aktivisten dafür ein, die Erderwärmung zu stoppen und eine lebenswerte Umwelt zu erhalten. Seit dem 20. August 2018, an dem Greta Thunberg vor dem schwedischen Parlament für mehr Klimaschutz demonstrierte und den Grundstein für die Fridays for Future-Bewegung setzte, haben sich die unterschiedlichsten Gruppen gebildet, wie auch Extinction Rebellion oder die Letzte Generation. Doch obwohl sie alle dasselbe Ziel verfolgen, trennt sie doch eins: der Weg dorthin.

Besonders umstritten sind die Aktionen der Letzten Generation. Sie kleben sich auf Straßen, Flugbahnen und zuletzt auch an Autos, um den Verkehr zu behindern, bewerfen Gemälde mit Brei oder beschmieren Geschäfte und Parteizentralen mit Farbe. Eine Form des Protests, die in der Bevölkerung umstritten ist – und auch in den Reihen der Aktivisten für Diskussionen sorgt. Zuletzt hatte Fridays for Future Sprecherin Annika Rittmann der Gruppe vorgeworfen, mit ihren Aktionen die Gesellschaft zu spalten. Daraufhin solidarisierten sich 30 Ortsgruppen ihrer eigenen Bewegung mit der Letzten Generation. Droht eine Spaltung der Klimaaktivistengruppen?

Fridays for Future

„In der Klimagerechtigkeitsbewegung braucht und gibt es verschiedene Rollen und Strategien“, sagte eine Sprecherin der Gruppe unserer Redaktion. Auch Fridays for Future sei eine diverse Bewegung, in der die eigenen Standpunkte immer wieder zur Diskussion ständen. In einem Punkt seien sich jedoch alle Gruppen einig: „Die aktuelle Regierungspolitik führt uns mitten in die Klimakatastrophe.“ Deshalb sei es wichtig, dass unterschiedliche Akteure an unterschiedlichen Stellen konsequente Klimapolitik einfordern. Fridays for Future übernehme dabei eine zentrale Aufgabe: die Organisation von breiten Protesten. Am 15. September ruft die Bewegung wieder zum globalen Klimastreik auf. Es brauche die Unterstützung einer breiten Masse, um Maßnahmen für den Klimaschutz schnell und sozial gerecht umzusetzen. Inwiefern die Letzte Generation hierzu beitrage, thematisierte die Sprecherin nicht. Auch das Verhältnis zwischen den Bewegungen ließ Fridays for Future unkommentiert. Stattdessen äußerte sich die Letzte Generation.

Letzte Generation

Tobias März, Sprecher der Letzten Generation, sprach von einem „wertschätzenden und unterstützenden Austausch“ mit den anderen Gruppen aus der Klimagerechtigkeitsbewegung, wie Fridays for Future. Rittmanns Aussage sei in den Medien sehr verzerrt dargestellt worden. „Uns allen ist klar, dass eine Spaltung der Gruppen niemandem hilft, sondern dass wir das Ziel nur gemeinsam erreichen können“, betonte März. Die Letzte Generation sehe sich nicht als elitäre Gruppe, die als einzige Recht habe. „Aber wir nehmen bei der Verfolgung der gemeinsamen Ziele eine bestimmte Rolle ein.“ Ihre Strategie: Maximalen Druck auf die deutsche Regierung ausüben – mit Protestformen, die an zivilen Ungehorsam anschließen.

Extinction Rebellion

„Hochschwelliger ziviler Ungehorsam“, wie Sprecherin Mia Sommer ihn nennt, ist eine Methode, welche die Aktivisten von Extinction Rebellion bewusst nicht wählen. Stattdessen organisieren sie künstlerische Aktionen, wie einen Flashmob im Berliner Hauptbahnhof, die den Protest einer breiten Masse zugänglich machen sollen. Im Gegensatz zu Fridays for Future basiert ihr Protest auf drei konkreten Forderungen. Unter anderem fordert die Gruppe die Einberufung eines Bürgerrats zu drängenden gesellschaftlichen Fragen. Doch: „Wir wollen uns nicht in Konkurrenzdenken gegenüber anderen Gruppen verlieren, sondern freuen uns, wenn der Klimanotfall breit diskutiert wird“, betonte Sommer. Indem verschiedene Gruppe unterschiedliche Protestformen anböten, gebe es für alle interessierten Menschen ein passendes Angebot.

Einschätzung aus der Protestforschung

Von einer Spaltung der Klimaaktivisten kann auch laut Simon Teune, Vorstandsmitglied des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung, nicht die Rede sein. „Eine Spaltung würde unüberbrückbare Gegensätze zwischen verschiedenen Gruppen der Klimabewegung voraussetzen. Die gibt es nicht“, verdeutlicht der Soziologe. Die anderen Bewegungen könnten sogar von dem Aufsehen um die Letzte Generation profitieren. Denn wie die Klimabewegung insgesamt sei auch Fridays for Future darauf angewiesen, dass die Debatte über eine wirksame Klimapolitik nicht abreiße. Und obwohl die Debatte über die Protestformen bislang verhindert hätte, dass über die konkreten Vorschläge diskutiert werde, verwies Teune auf eine positive Entwicklung: „Die Wahrnehmung, dass die Politik der Regierungen von der Kommune über Länder und Bund bis zur EU nicht ausreicht, um die Entwicklung zu einer katastrophalen Entwicklung abzuwenden, wird immer breiter geteilt. Das kann für konkrete Vorschläge die Tür öffnen.“

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