Reaktion auf Proteste Kramp-Karrenbauer legt erste konkrete Vorschläge für Klimaschutz vor

Berlin · CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer legt erste konkrete Vorschläge ihrer Partei für mehr Klimaschutz vor. Das System der Energieabgaben soll demnach grundlegend reformiert werden, ohne die „schwarze Null“ im Haushalt zu gefährden.

 Annegret Kramp-Karrenbauer bei der Vorstellung ihrer Pläne für mehr Klimaschutz.

Annegret Kramp-Karrenbauer bei der Vorstellung ihrer Pläne für mehr Klimaschutz.

Foto: dpa/Jörg Carstensen

Die CDU will mit einer Abwrackprämie für klimaschädliche Ölheizungen, einem CO2-Deckel im Verkehr und bei Gebäuden sowie einer umfassenden Reform der Energiesteuern die Klimaziele der Bundesregierung schnellstmöglich erreichen. „Vor weiteren Belastungen muss eine Entlastungsoffensive gestartet werden: Dazu gehören unter anderem eine steuerliche (Gebäude-)Sanierungsförderung und eine Abwrackprämie für Ölheizungen“, schreiben Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Unionsfraktionsvize Andreas Jung in einem Gastbeitrag für die „Welt am Sonntag“. „Wir wollen und müssen alle Menschen auf diesem Weg mitnehmen.“

Kramp-Karrenbauer legt damit erste konkretere Vorstellungen ihrer Partei für das anstehende Maßnahmenpaket vor, das die Bundesregierung am 20. September beschließen will. Die Regierung will den CO2-Ausstoß bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Ohne ein umfassendes Umsteuern im Verkehr und im Häusersektor wird Deutschland dieses Ziel nicht erreichen.

In dem Beitrag vermeidet die Unionsspitze allerdings Vorschläge, wie sie die Abwrackprämie und andere Maßnahmen finanzieren will. So fehlt auch eine konkrete Stellungnahme zu der von der SPD, den Grünen und Klimaexperten geforderten CO2-Steuer oder CO2-Bepreisung. Dadurch würden etwa Benzin und Heizöl verteuert, um die Nachfrage nach den fossilen Brennstoffen zu drosseln und Anreize zum Umstieg auf andere Stoffe zu setzen.

Allerdings fordert die CDU in ihrem Beitrag, „das bestehende Gesamtgebäude aus Entgelten, Umlagen, Abgaben und Steuern im Energiesektor grundlegend“ umzubauen. Eine Folge daraus könnten auch höhere Benzin- und Heizölpreise sein. Bei der Reform solle der Ausstoß von Treibhausgasen „zum Maßstab“ gemacht und „im Verkehr und bei Gebäuden ein CO2-Deckel“ eingezogen werden, so Kramp-Karrenbauer und Jung.

Auf der anderen Seite müsse es dann aber auch eine „Entlastung für Bürger und Betriebe geben – zum Beispiel beim Strompreis über die EEG-Umlage und die Stromsteuer“. Es gehe der Union bei allem um mehr Klimaschutz, nicht um mehr Staatseinnahmen, betont die Unionsspitze. Sie greift auch den Vorschlag von CSU-Chef Markus Söder auf, die Nachhaltigkeit für den Umwelt- und Klimaschutz in das Grundgesetz aufzunehmen. Bei Grünen und FDP will die Union um Zustimmung werben, um einen möglichst breiten gesellschaftlichen Konsens zu organisieren.

Durch den Steuerbonus für die energetische Gebäudesanierung und die Abwrackprämie für alte Ölheizungen will die Union um Unterstützung der Bürger werben. Alte Ölheizungen sind besonders klimaschädlich, weil sie deutlich mehr CO2 ausstoßen als modernere Gasheizungen oder Heizungen aus regenerativen Quellen. Sämtliche Maßnahmen müssten finanziert werden, ohne die „schwarze Null“ im Bundeshaushalt aufzugeben, so die CDU-Chefin. „Zur Nachhaltigkeit gehört die „schwarze Null’ als Beitrag zur Generationengerechtigkeit genauso wie die ,grüne Null’ im Sinne von Klimaneutralität“, schreiben Kramp-Karrenbauer und Jung.

Der Chef-Haushälter der Unionsfraktion, Eckardt Rehberg, erklärte, für mehr Klimaschutz dürften Einsparungen im Etat an anderer Stelle kein Tabu sein. „Wir wollen am Ende ein Gesamtkonzept haben, das die Finanzierung der neuen Klimaschutzvorhaben ermöglicht, ohne die ,schwarze Null’ aufzugeben. Das ist eine Frage der richtigen Prioritäten. Einsparungen an anderer Stelle dürfen kein Tabu sein“, sagte Rehberg. „Wir dürfen die ,schwarze Null’ und die ,grüne Null’ nicht gegeneinander ausspielen. Der Staat muss mit dem vorhandenem Steuergeld auskommen.“

Die Grünen plädierten dagegen für eine Änderung der Schuldenbremse, um massiv in den Klimaschutz investieren zu können. „Um all das nachzuholen, was in den letzten Jahren an Investitionen für Klimaschutz, Bildung und Infrastruktur von der Bundesregierung versäumt wurde, braucht es jetzt einen Aufbruch“, sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. „In Zeiten, in denen der Staat sogar Geld mit der Kreditaufnahme verdient, braucht es eine Erweiterung der Schuldenbremse um eine Investitionsregel. Die soll Zukunftsinvestitionen vor allem in den Klimaschutz und die öffentliche Infrastruktur ausdrücklich möglich machen“, sagte Krischer. Er begrüßte, dass die Union nun umdenke. „Besser spät als nie, wenn die Union nun bemerkt, dass wir die Infrastruktur unseres Landes auf Verschleiß fahren und Zukunftsinvestitionen vor allem für den Klimaschutz verschlafen haben“, sagte Krischer. Seit Jahren wird über Dinge wie steuerliche Förderung der Gebäudesanierung und Abwrackprämien für Ölheizungen diskutiert. Passiert ist nichts oder das Gegenteil: Die Bundesregierung fördert sogar noch den Einbau neuer Ölheizungen“, kritisierte er.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, kritisierte indes die Forderung nach einer Abwrackprämie für Ölheizungen. Deutschland habe mit Abwrackprämien schlechte Erfahrungen gemacht, sagte Buschmann den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Bei Autos etwa wurden nicht zusätzliche Investitionen stimuliert, sondern nur ohnehin geplante vorgezogen.“

Umweltministerin Svenja Schulze will zudem Plastiktüten generell verbieten lassen. „Ich werde mit meinem Haus ein Plastiktütenverbot auf den Weg bringen", kündigte die SPD-Politikerin am Sonntag an. Man habe durch freiwillige Vereinbarungen mit dem Handel seit 2016 bereits zwei Drittel der Plastiktüten ersetzen können. Das reiche aber nicht. Sie sei mit dem Handel in Gesprächen darüber, was an weiterführenden Maßnahmen möglich sei. Dies betreffe etwa die Wahlmöglichkeit für Konsumenten, in Geschäften ganz auf Plastikverpackungen verzichten zu können.

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