Fünf Tipps zum Klimaschutz So kann die Regierung das Klima besser machen

Meinung | Berlin · Die Europawahl hat den Regierungsparteien signalisiert: Im Kampf gegen den Klimawandel dürfen sie keine Zeit mehr verlieren, wenn sie künftig noch eine Rolle spielen wollen. Fünf Tipps, wie das funktionieren könnte.

 Basuminister Horst Seehofer (CSU) will im Klimakabinett vorschlagen, die energetische Gebäudesanierung steuerlich zu fördern.

Basuminister Horst Seehofer (CSU) will im Klimakabinett vorschlagen, die energetische Gebäudesanierung steuerlich zu fördern.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Für den Klimaaktivisten Arnold Schwarzenegger gibt es drei Gruppen von Menschen: die Träumer, die Macher und die Zweifler. Träumer und Macher müssten sich jetzt zusammentun und den Zweiflern klarmachen, dass deren zögerliche Haltung die Probleme der Menschheit nur größer machten. Gemeinsam mit Greta Thunberg, der Initiatorin der weltweiten Jugendbewegung Fridays For Future, wirbt der frühere kalifornische Gouverneur auf einer von ihm selbst ins Leben gerufenen Konferenz am Dienstag in Wien für den Zusammenschluss der Träumer und Macher gegen die Zweifler.

Die Mehrheit der Deutschen will auf der richtigen Seite stehen: Vier von fünf Bundesbürgern sind der Meinung, dass der Umstieg auf klimafreundliche Energieträger zu langsam vorangeht. Das zeigt die neue Umweltbewusstseinsstudie des Umweltbundesamtes. Nur noch 14 Prozent der Befragten finden, die Regierung tue genug für Klima- und Umweltschutz, zwei Jahre zuvor waren es mehr als doppelt so viele. Wie unzufrieden die Bürger mit der Klimapolitik sind, zeigten sie auch bei der Europawahl, bei der die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD schwere Verluste erlitten.

Am Mittwoch tagt in Berlin das Klimakabinett. Die Minister für Verkehr, Bauen, Landwirtschaft und Energie sollen hier vortragen, wie sie in ihrem Zuständigkeitsbereich dafür sorgen wollen, dass Deutschland bis 2030 das Klimaziel von minus 55 Prozent CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 erreicht. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat schon vorgelegt: Sie gab ihr Klimaschutzgesetz am Montag in den Abstimmungsprozess mit den anderen Ministerien, ohne dafür grünes Licht vom Kanzleramt erhalten zu haben. Schulzes Gesetz gibt den Sektoren – und damit indirekt auch den Ministern – jeweils feste Zielgrößen für die CO2-Reduktion vor.

Die Union ist empört. „Der SPD geht es offensichtlich nicht um Klimaschutz, sondern um ein durchsichtiges parteipolitisches Manöver. Nach dem Motto: Die Umweltministerin schafft an, der Bundesfinanzminister gibt kein Geld dafür – und die Unions-Minister sollen am Ende schuld sein, wenn es keine konkreten Maßnahmen gibt“, wettert Unionsfraktionsvize Georg Nüsslein. Streit in der Koalition ist aber genau das, was die Fridays-For-Future-Jugend nicht mehr duldet. Sie fordert kurzfristig wirksame Schritte gegen den Klimawandel. Wie diese aussehen können, haben Umweltexperten in vielen Gutachten skizziert.

Kohleausstiegsgesetze vorlegen Die Kohlekommission hatte am Jahresbeginn ein abgestimmtes Konzept für den Ausstieg aus der Kohleverstromung zwischen 2022 und 2038 vorgelegt. Seitdem ist ein halbes Jahr vergangen. Denn im ersten Schritt hat die Regierung bisher nur die Eckpunkte für die 40 Milliarden Euro umfassenden Strukturhilfen an die Kohleregionen formuliert, die nach langem Gezerre vergangene Woche vom Kabinett gebilligt wurden. Die eigentlichen Ausstiegsgesetze sollen erst im zweiten Halbjahr folgen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) muss deutlich mehr Tempo aufnehmen und das Augenmerk auf die ersten Jahre des Kohleausstiegs legen, weniger auf das Enddatum.

CO2-Abgabe und Energiegeld einführen Um Anreize für klimafreundliches Verhalten im Verkehr und beim Heizen zu setzen, sollte die Regierung eine Abgabe auf den CO2-Ausstoß erheben und den Bürgern das eingenommene Geld komplett über ein Energiegeld zurückgeben. Ein Konzept hat die Denkfabrik Agora Energiewende erarbeitet: Die Energiesteuern auf Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas werden um einen Aufschlag in Höhe von 50 Euro pro Tonne CO2 ergänzt. Jeder Bürger erhält im Gegenzug 100 Euro pro Jahr als Klimaprämie vom Staat zurück. Zudem empfehlen die Experten beim Kauf neuer Pkws ein Bonus-Malus-System: Käufer von Pkw mit einem CO2-Ausstoß von weniger als 95 Gramm pro Kilometer erhalten einen Bonus von 50 Euro je Gramm Abweichung vom Schwellenwert, Käufer von Pkw mit einem höheren CO2-Ausstoß zahlen einen entsprechenden Malus.

Nahverkehr ausbauen und verbilligen In den Ballungsgebieten muss der Nahverkehr massiv ausgebaut werden, damit mehr Pendler auf Bahnen umsteigen. Zudem sollten die Preise für den ÖPNV stark gesenkt werden. Wien hat es vorgemacht: Hier gibt es die Jahreskarte für das komplette städtische Netz für nur 365 Euro oder einen Euro pro Tag. Das Pilotprojekt, bei dem der Bund fünf Modellstädte entsprechend fördert, muss rasch ausgeweitet werden.

Energetische Gebäudesanierung fördern Damit sich Wärmedämmung und Heizungswechsel lohnen, sollten Hausbesitzer ihre Aufwendungen wie beim Denkmalschutz innerhalb von zehn Jahren komplett steuerlich abschreiben dürfen. Ein solches Gesetz war 2011 am Widerstand der Länder gescheitert, die Einnahmeausfälle nicht hinnehmen wollten. „Wir brauchen dringend einen Steuer-Bonus für die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden. Dafür muss der Bundesfinanzminister endlich den Weg frei machen“, fordert CSU-Politiker Nüsslein.

Klimabündnis mit der Wirtschaft schmieden Um beim Klimaschutz voranzukommen, braucht die Regierung die Unterstützung der Wirtschaft. Viele Unternehmen haben längst umgedacht. „Die Politik muss den Jugendlichen der Fridays-for-Future-Bewegung jetzt schnell etwas bieten“, sagt Grünen-Wirtschaftspolitikerin Kerstin Andreae. „Mir schwebt ein Klimabündnis der Politik mit den führenden Wirtschaftsverbänden und Unternehmen vor: Das Bekenntnis zum Zwei-Grad-Ziel muss mit Leben gefüllt werden. Dies braucht eine handfeste Verpflichtung für den CO2-Abbau.“

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