Wortspiele in der Politik Kanzler oder Klempner
Meinung · Es ist oft die Krankenschwester, die in der politischen Debatte als Beispiel für Volksnähe herhalten muss. Bei der Aussprache zur Regierungserklärung von Kanzler Scholz schlüpfen die Klempner in diese Rolle. Dadurch nimmt die Diskussion plötzlich einen anderen Verlauf.
Politische Wortspiele können die Debatte würzen. In der Schlussphase der schwarz-gelben Koalition in den 1990er Jahren geht SPD-Fraktionsvize Günter Verheugen den früheren Bundeskanzler Helmut Kohl heftig an. „Sie sind ein Kanzler des Stillstands, der in sich ruht wie ein chinesischer Buddha.“ Schlagfertig reagiert der CDU-Politiker. „Gefällt mir gut.“ Was wiederum Verheugen fassungslos macht. „Gefällt Ihnen gut?“. Später legt Kohl noch einmal nach, Mitarbeiter haben ihn telefonisch auf der Regierungsbank informiert. Buddha zeichne sich als Persönlichkeit durch „Lebensernst, Sinn für das Wirkliche und Nötige, Mäßigung und Ausdauer" aus. „So hat mich meine Partei nie verwöhnt“, lobt Kohl seinen Widersacher.
Ein bisschen ist es Oppositionschef Friedrich Merz bei der Debatte um die Regierungserklärung von Kanzler Olaf Scholz am Dienstag ähnlich ergangen. „Klempner der Macht“ donnert der CDU-Politiker in Richtung Regierungsbank. Und meint wohl das veraltete Bild eines grobschlächtigen und wenig versierten Handwerkers, der eher dumpf und ungeschickt die Rohre zusammenhält, damit das Wasser nicht austritt. Doch Scholz reagiert ähnlich wie Kohl. „Ich bin ein Anhänger des Handwerks in Deutschland“, sagt Scholz wenige Stunden später, als er nach Gesprächen mit Maltas Premierminister Robert Abela auf Merz angesprochen wird. Man müsse Sachen sehr lange gemacht haben, um sie gut zu machen – auch in der Regierung. „Und da glaube ich, habe ich doch eine gewisse Parallelität mit diesem ehrbaren Handwerk des Klempners“, so Scholz. „Ich jedenfalls bin stolz auf dieses Lob.“
Wenig später legt auch der SPD-Vorstand nach. „Danke für dieses Kompliment, Herr Merz“, heißt es in einem Kurzbeitrag auf der Nachrichten-Plattform X. „Wir sind uns nicht zu schade anzupacken, wenn es einmal klemmt.“ Ähnlich dürfte es auch die Berufsgruppe sehen. Denn Installateure, wie sie sich heute lieber nennen, arbeiten an der vordersten Technologiefront. Sie bauen elektronisch gesteuerte Wärmepumpen, Solaranlagen oder Hightech-Heizungsanlagen in Häuser und Gebäude ein, kontrollieren die Wasserwege oder dichten das Dach ab.
Richtig ist, dass sie bisweilen recht eigenwillig ihr Wissen anwenden, dem Kunden nicht unbedingt nach dem Mund reden und schon mal Produktionsumwege einschlagen. Der Liedermacher Reinhard Mey hat es in seiner liebevoll-spöttischen Hommage an dieses Handwerk auf dem Punkt gebracht: „Selbst in den allergrößten Nöten, gibt es immer was zu löten“ oder „selbst in schweren Wirtschaftskrisen find‘ ich Rohre hinter Fliesen“. Das passt auf die derzeitige Lage der Ampel wie die Schelle auf ein Rohr.
Sogar in die Welt der Unterhaltung hat es der Klempner geschafft. „Super Mario“ heißt die wunderbare Spielfigur beim japanischen Konsumelektronik-Hersteller Nintendo. Als wahrer Supermann muss der italienisch-amerikanische Klempner unterirdische Rohrleitungen von allerlei gefährlichem Getier befreien, dabei gleich die Welt retten und jedes beliebige Schwierigkeits-Level überwinden. So populär ist die Spieleserie, dass sie weltweit gut 400 Millionen Mal verkauft wurde. Damit ist der Klempner Super Mario eine der gefragtesten Spielehelden der Erde. Ganz schön große Fußstapfen für Super Olaf, den Helden des Haushaltsdebakels.
Wortspiele können also wirklich die politische Debatte bereichern. Ob Buddha, ob Klempner, ob Wolkenschieber oder Steuerleute der Macht. Es ist die Ambivalenz, die diesen Metaphern ihre Kraft gibt. Allerdings sollten sich die Ampel-Koalitionäre nach ihrem Return nicht zu sicher sein. Manch ein Klempner konnte den Wasserschaden doch nicht beheben. Dann muss der Kunde eben „zum Keller schwimmen und zur Nacht das Dach erklimmen“, wie es im Lied Meys heißt. Die aufgebrachte Person kann dann nur den Meister wechseln – wie die Wähler, die einer solchen Regierung den Laufpass geben.