Ungewöhnliche Parteien HipHop, Liebe und Kleingärtner

Berlin · Zwei Tage lang beriet der Bundeswahlausschuss in Berlin, welche Gruppierungen und Vereinigungen zur Bundestagswahl zugelassen werden können. Geschafft haben es auch einige ungewöhnliche Parteien - von HipHop bis Liebe.

 Über 80 Parteien und Vereinigungen wollten in den Bundestag. Nicht alle wurden vom Bundeswahlausschuss zugelassen.

Über 80 Parteien und Vereinigungen wollten in den Bundestag. Nicht alle wurden vom Bundeswahlausschuss zugelassen.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Was tun, wenn einem der Bundeswahlleiter die Rote Karte zeigt, weil der Antrag für die Zulassung zur Bundestagswahl nur per Mail und nicht - wie vorgeschrieben - per Post eingegangen ist? Die Vertreter der „Anarchistischen Pogo-Partei Deutschlands (APPD)“ gönnten sich danach erstmal vor dem Bundestag einen Gin Tonic und ein paar Bier. Nun werde man vor das Verfassungsgericht ziehen, so ein frustrierter Bundesvorsitzender Andreas Reiter. Nutzen dürfte das nichts, das lehrt die Erfahrung. Wenn es überhaupt dazu kommt.

Zwei Tage lang mussten die Vertreter von 87 kleineren Parteien und Vereinigungen sich in öffentlicher Sitzung vor dem Bundeswahlausschuss in Berlin präsentieren, formale Fragen zu ihren Strukturen beantworten und dann die Entscheidung des Gremiums zur Kenntnis nehmen: „Wird anerkannt“ oder „wird nicht anerkannt“. Geprüft wurde, ob die jeweilige Gruppierung alle rechtlichen Vorgaben eingehalten und als Partei im Sinne des Parteiengesetzes angesehen werden kann. Wer das Gütesiegel bekommen hat, kann nun an der Bundestagswahl am 27. September teilnehmen, insofern er die nötige Anzahl von Unterstützer-Unterschriften vorweist. Bundeswahlleiter Georg Thiel legte noch einmal Wert auf die Feststellung, dass nicht die Inhalte der Programme kontrolliert worden seien.

Soweit, so gut. Andere waren jedenfalls erfolgreicher als die Pogo-Partei. So schafften es einige ungewöhnliche Gruppierungen, das Okay des Bundeswahlausschusses zu bekommen. Eine Auswahl.

Die Urbane – Eine HipHop Partei. „Hip-Hop ist unser Alleinstellungsmerkmal“, so der Bundesvorsitzende, Raphael Moussa Hillebrand. Der Partei geht es darum, durch die HipHop-Kultur in Workshops, Konzerten und Projekten Menschen aller Schichten und Abstammungen anzusprechen. Hauptziel ist die Abschaffung von Diskriminierung, dem sich die etwas mehr als 300 Mitglieder verschrieben haben. Musik kennt halt keine Grenzen.

Europäische Partei LIEBE.  Zur Europawahl 2019 trat sie erstmals bei einer Wahl in Deutschland an. „Freiheit, Gleichheit, Liebe“ lautet die Haltung gegenüber Menschen und Tieren. Im Programm finden sich viele Liebes-Forderungen, darunter auch, Heiratswilligen mit einer Finanzspritze von 3000 Euro den Kauf eines „schönen“ Hochzeitkleides und „edlen“ Anzuges ermöglichen. Dazu noch die Eheringe.  

Bergpartei – die Überpartei. Die Partei hat ihre Wurzeln in der Berliner Hausbesetzer-Szene. Sie entstand aus der Fusion von „Bergpartei" und „ÜberPartei“, die sich zunächst unabhängig voneinander im Jahr 2005 gründeten. Um die 200 Mitglieder gibt es. Man betont, keine Spaßpartei zu sein, aber Politik solle auch Spaß mache. Die Partei hat sich der Kleinschreibung verpflichtet. Eine zentrale Forderung ist das bedingungslose Grundeinkommen. Zugleich plädiert sie auch auf eine Begrenzung von Besitz.

V-Partei. Die Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer. Das V soll die Vielfältigkeit der Partei symbolisieren. „Wir lieben das Leben“, lautet das Motto. Die Hauptzielgruppe sind Bürger, die die Auswirkungen von Wachstum, Konsum und Essverhalten bewegt. In Deutschland gebe es rund zehn Millionen Vegetarier und Veganer, heißt es auf der Interseite. Aber ohne spezielle parlamentarische Vertretung. Das soll sich am 26. September möglichst ändern.

Die Gartenpartei.  Sie wurde 2013 aus Protest gegen Bebauungspläne für Kleingartenanlagen in Magdeburg von Gärtnern gegründet. Ein Jahr später zog sie sogar in den Stadtrat ein. Als Partei vertrete man „ein soziales und gerechtes Gemeinwesen“, heißt es auf der Internetseite. Man wolle die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten ohne die Menschen aus der Natur auszuschließen. „Unsere Politik orientiert sich daran, was die Welt braucht und was nicht.“

Wir2020. Sie wirbt mit „Politik mit Herz und Verstand“. Im Programm heißt es, immer mehr Menschen würden erkennen, dass das bisherige politische und wirtschaftliche System an Grenzen stoße, grundlegendes Umdenken und neues Handeln sei erforderlich. Und: „Wir gehen von einem ganzheitlichen Menschenbild aus.“ Der Mensch sei ein „körperliches (biologisches), ein soziales und ein kulturelles Wesen“.

Ab jetzt. Demokratie durch Volksabstimmung. Sie wurde bereits 1997 gegründet. Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz beobachtete die Partei über mehrere Jahre bis 2006, da sie im Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen stand. Der programmatische Fokus  liegt auf der Forderung nach Volksabstimmungen wie in der Schweiz. Auch will man ein „Europa der Vaterländer“.

Sozialistische Gleichheitspartei. Vierte Internationale. Die Partei versteht sich als Teil einer trotzkistischen Weltbewegung. Im Programm heißt es, man trete „für den Sturz des Kapitalismus und den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft ein“. Nur so könne das Leben der Menschen Vorrang vor dem Profit haben. Glaubt zumindest die Partei.

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