Kommentar zur Klausursitzung der Groko Union und SPD suchen die Normalität

Meinung | Berlin · Bisher war nichts normal in dieser Wahlperiode. Der Schock der Europawahl hat bei Union und SPD offenbar die Vernunftzentren aktiviert. Es gab eine harmonische und produktive Klausursitzung.

 CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, der kommissarische SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (v.l.) verbreiteten neue Aufbruchstimmung in der Koalition.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, der kommissarische SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (v.l.) verbreiteten neue Aufbruchstimmung in der Koalition.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die Hälfte der Wahlperiode ist schon fast vorüber, und die Koalitionspartner haben immer noch keinen normalen Arbeitsmodus gefunden. Nachdem sie sich nur unter Mühen in einer Regierung zusammengerauft hatten, folgten die Krise der Union, der Maaßen-Skandal, der Wechsel an der Spitze der CDU, Europawahlkampf, die Krise der SPD und jetzt warten alle auf die Neuaufstellung der SPD-Spitze.

Bei einer solchen Performance muss sich wirklich niemand über drastisch sinkende Umfragewerte der Regierungsparteien wundern. Dabei wurde auch regiert. Die Bilanz der aus dem Koalitionsvertrag realisierten Projekte ist durchaus vorzeigbar. Union und SPD dürfen nur nicht länger die eigene Sachpolitik permanent mit Streit, Personalquerelen und Existenzkampf überdecken. Wer nicht selbst an sich glaubt, an den glauben auch die Wähler nicht.

Wir haben verstanden – so lässt sich das Signal der gemeinsamen Fraktionsvorstandsklausur von Union und SPD zusammenfassen. Die Union hat sogar ihre über den Koalitionsvertrag hinausgehende Forderung zum Soli wieder zurückgezogen. Für 90 Prozent der Steuerzahler ist das eine gute Nachricht. Sie werden entlastet. Die großen Streitthemen wie die Grundrente blieben aber liegen. Das ist insofern ein kleiner Fortschritt, als dass die Koalitionspartner während des Europawahlkampfs keine Gelegenheit ausließen aufeinander loszugehen. Profitiert haben von der künstlichen Profilschärfung weder Union noch SPD. Im Gegenteil: Den Platz den sie dabei in der politischen Mitte gemacht haben, haben die Grünen alert eingenommen.

Immerhin legt die große Koalition vor der Sommerpause noch einmal Tempo vor. Mögen die guten Vorsätze nach dem Schock der Europawahl anhalten.

(qua)
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