Struck trotz Gewinn kritisiert Klage kippt deutsche Wehrpflicht nicht

Berlin (rpo). Das Bundesverwaltungsgericht wies die Klage eines 22-jährigen Wehrpflichtigen gegen die Einberufungspraxis der Bundeswehr zurück. Die Konsequenz: Die Wehrpflicht ist somit verfassungsgemäß. Wäre die Entscheidung für den 22-Jährigen ausgefallen, hätte künftig jeder angehende Rekrut mit Verweis auf das Urteil seine Einberufung umgehen können. Dennoch rügten die Richter die Bundeswehr.

Bundeswehr: Helfer, Vermittler, Krieger?
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Foto: Streitkräfteamt Bonn

Zur strittigen Frage der Wehrgerechtigkeit sagte der Vorsitzende Richter Franz Bardenhewer, durch die frühere Einberufungspraxis der Bundeswehr habe sich eine Lücke zwischen der Zahl der verfügbaren und der tatsächlich einberufenen Wehrpflichtigen aufgetan. Diese sei mit dem Grundsatz der Wehrgerechtigkeit nicht mehr vereinbar gewesen. "Unter solchen Voraussetzungen muss der Gesetzgeber reagieren", unterstrich der Richter.

Dies habe der Gesetzgeber aber mit Neuregelungen im Wehrpflichtgesetz, das zum 1. Oktober 2004 geändert wurde, sowie im Zivildienstgesetz getan. Unter anderem werden keine jungen Männer mit der unteren Tauglichkeitsstufe T3 mehr zum Wehrdienst gezogen, auch wurde das Höchstalter für die Einberufung von 25 auf 23 Jahre abgesenkt. Nach Ansicht der Leipziger Richter entfallen damit mögliche Einwände gegen die geltende Wehrpflicht unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen die Wehrgerechtigkeit infolge mangelnder Ausschöpfung der Zahl der verfügbaren Wehrpflichtigen.

Im konkreten Fall ging es um ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Köln, das die Einberufung eines Wehrpflichtigen wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Wehrgerechtigkeit als willkürlich angesehen hatte. Willkür habe in diesem Fall nicht vorgelegen, urteilten nun die Leipziger Richter. Die Sache wurde zur Neuverhandlung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.

Peter Struck reagiert

Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) begrüßte die Entscheidung. "Sie bestätigt meine Auffassung, dass die jetzige Einberufungspraxis dem Prinzip der Wehrgerechtigkeit entspricht", sagte der Minister in Berlin. Derweil bekräftigten Union, FDP und der Deutsche Bundeswehr-Verband ihre Forderung nach einer raschen Entscheidung der Politik über die Zukunft der Wehrpflicht.

Ungeachtet der juristischen Auseinandersetzung sieht der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, den Bundestag in der Pflicht. "Der Ball liegt jetzt wieder im Spielfeld der Politik", sagte Gertz. Das Gericht habe "den Wehrpflichtgegnern nicht den Gefallen getan, die Wehrpflicht zu erledigen". Doch sei es nun an der SPD, ihre Position zur Erhaltung oder Abschaffung der Wehrpflicht nicht erst im November festzulegen.

Die Union reagiert

Auch die Union, die Struck "mit einem blauen Auge davongekommen" sieht, forderte eine klare Entscheidung. Wenn die Wehrpflicht eine Chance haben soll, dann müsse der Minister dafür Konzepte vorlegen, unterstrich der CSU-Wehrexperte Christian Schmidt. Ein "Weiter so" sei nicht mehr möglich. Schmidt kündigte zugleich Vorschläge der Union an, wie man die neue Sicherheitslage, die Wehrpflicht und die Wehrgerechtigkeit miteinander vereinbaren könne.

Für die SPD-Politiker des konservativen Seeheimer Kreises ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts eine Bestätigung für jene, die sich für den Erhalt der Wehrpflicht einsetzen. "Alle diejenigen, die behaupten, die Wehrpflicht sei eine Lotterie, und es existiert keine Wehrgerechtigkeit, wurden eines Besseren belehrt", hieß es. Die Jungen Liberalen (JuLi) entgegneten, nur ein rascher Ausstieg aus der Wehrpflicht könne das Dilemma zwischen sinkenden Einberufungszahlen und Wehrgerechtigkeit dauerhaft beenden.

(afp)
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