Lieferung in Krisengebiete Kirchen kritisieren Rüstungsexporte

Berlin · Friedensforscher halten der Bundesregierung vor, sie liefere Waffen auch in Krisenregionen.

Der Krieg im Jemen ist zur humanitären Katastrophe geworden. Unser Bild zeigt ein verletztes Kind in der Stadt Saada.

Der Krieg im Jemen ist zur humanitären Katastrophe geworden. Unser Bild zeigt ein verletztes Kind in der Stadt Saada.

Foto: dpa/Hani Mohammed

Der Krieg in Jemen. Und eine Selbstverpflichtung der Bundesregierung. „Wir werden ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind“ – mit diesen Worten versprachen CDU, CSU und SPD noch vor acht Monaten eine restriktive Rüstungspolitik. Was daraus geworden ist? Aus Sicht der gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) wenig, viel zu wenig.

„Die angekündigte Verschärfung der Rüstungsexportrichtlinien ist nicht in Sicht, von einer Verschärfung im Jahr 2018 ganz zu schweigen“, stellte der katholische Vorsitzende der GKKE, Prälat Karl Jüsten, bei der Vorlage des Rüstungsexportberichts am Montag in Berlin fest.

Jüsten kritisierte dabei, dass trotz der Absichtserklärung der Bundesregierung, keine Waffen mehr an Länder zu liefern, die im Jemen-Krieg aktiv seien, faktisch weiter Rüstungsexporte an die Jemen-Koalition gelangt seien. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Firmen erhalten Vertrauensschutz, sofern sie nachweisen, dass bereits genehmigte Lieferungen ausschließlich im Empfängerland verbleiben.“

Dieser Vertrauensschutz habe zur Fortsetzung der Rüstungsexporte geführt. Die von Saudi-Arabien angeführte Koalition führe ihren Krieg im Jemen nach wie vor unter grober Missachtung des Völkerrechts. Die Vereinten Nationen sprechen von einer humanitären Katastrophe, die etwa 20 Millionen Menschen treffe. Nicht ausgeschlossen sei, dass bei der völkerrechtswidrigen Seeblockade gegen den Jemen auch Patrouillenboote aus deutscher Produktion eingesetzt worden seien. Die GKKE fordere daher die Bundesregierung auf, alle erteilten Genehmigungen an Staaten der Kriegskoalition sofort zu widerrufen.

Der evangelische Vorsitzende der GKKE, Prälat Martin Dutzmann, kritisierte, dass der Rüstungskonzern Rheinmetall deutsche Ausfuhrbestimmungen für Rüstungsexporte über Tochterfirmen oder Gemeinschaftsunternehmen im Ausland umgehe. So könne Rheinmetall über Tochterfirmen in Italien oder Südafrika Munition – auch nach Saudi-Arabien – verkaufen, ohne dass dafür Genehmigungen aus Deutschland notwendig seien.

Jüsten, Dutzmann und Mitautor Max Mutschler vom Internationalen Konversionszentrum Bonn forderten die Bundesregierung eindringlich auf, endlich ein „restriktives Rüstungsexportkontrollgesetz“ vorzulegen. Mutschler verwies auf eine Passage aus dem Koalitionsvertrag, wonach die Bundesregierung Rüstungsexporte an Drittstaaten einschränken wolle. Drittstaaten sind Länder, die weder der EU noch der Nato angehören. Der Anteil der Einzelausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter an solche Drittstaaten war laut GKKE auch 2017 mit 61 Prozent wieder hoch.

Nach Einschätzung des Bonner Friedens- und Konfliktforschungszentrums BICC genehmigte die Bundesregierung 2017 Rüstungsexporte an 52 Staaten, deren Menschenrechtssituation als sehr schlecht eingestuft wird. In 27 Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte habe es interne Gewaltkonflikte gegeben, in 20 Fällen seien Frieden und Sicherheit in der Region gefährdet. Diese Zahlen widersprächen eindeutig der Behauptung des Bundes, eine restriktive Rüstungsexportpolitik zu betreiben.

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