Verdacht auf Sozialmissbrauch Kritik an Kindergeld für Ausländer

Berlin · Die Zahlungen für Kinder sind gestiegen, die im Ausland leben während ihre Eltern in Deutschland sind. Dahinter wird auch zum Teil Sozialmissbrauch vermutet. Abhilfe ist aber nicht so einfach.

 Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link hat die Debatte mit angestoßen. (Archiv)

Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link hat die Debatte mit angestoßen. (Archiv)

Foto: dpa/Oliver Berg

Die deutlich steigenden Kosten für Kindergeld, das Deutschland hier lebenden Ausländern auch für deren Töchter und Söhne in der Heimat zahlt, haben den Druck auf eine Änderung der Rechtsgrundlage massiv verschärft. Der Städte- und Gemeindebund sowie Politiker von Union und SPD forderten am Donnerstag schnellstmöglich eine sogenannte Indexierung - danach würde das Kindergeld an dem Niveau des Herkunftslandes bemessen, wenn die Kinder dort leben. Derzeit sind das deutlich mehr als 200.000. Die Kosten belaufen sich auf mehrere hundert Millionen Euro im Jahr. Solche Überweisungen sind besonders umstritten, weil die Lebenshaltungskosten dort in der Regel geringer sind.

In Deutschland beträgt das Kindergeld für das erste Kind 194 Euro pro Monat, in  Rumänien in etwa ein Zehntel davon. 2017 zahlte der Staat Kindergeld für insgesamt 14,9 Millionen Kinder, darunter 2,8 Millionen Kinder von hier lebenden Ausländern. Die Gesamtkosten beliefen sich auf rund 36 Milliarden Euro Kindergeld. Vor allem in Nordrhein-Westfalen wurden Betrugsfälle bekannt. In Wuppertal und Düsseldorf wurden jüngst 100 Verdachtsfälle überprüft  und in 40 Fällen fehlerhafte Angaben festgestellt. Der Schaden liegt bei 400.000 Euro.

SPD-Chefin Andrea Nahles will am 27. September mit den Oberbürgermeistern betroffener Städte in Berlin über das Problem des Missbrauchs beraten. NRW-SPD-Chef Sebastian Hartmann sagte: „Die menschenrechtsfeindliche Politik der Rechtsnationalisten in osteuropäischen EU-Staaten darf nicht dazu führen, dass starke Sozialstaaten und hohe Sozialstandards ausgenutzt werden.“

Der Duisburger Oberbürgermeister Sören Link sprach von einem „System von Schlepperbanden, die das Ziel haben, Sozialleistungen zu beziehen“. Das Kindergeld sei ein Vehikel, mit Hilfe falscher Dokumente das Maximum an Leistungen zu bekommen. „Wir beobachten schon seit Jahren einen Verfall in den Straßenzügen, wo die Menschen aus Südosteuropa leben.“ Der Vorsitzende des Zentralrats der Sinti und Roma, Romani Rose, warnte unterdessen vor „rassistischen Stereotypen, um Sündenböcke zu produzieren“.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte, es sei Aufgabe der Bundesregierung, dafür zu sorgen, dass die erforderliche EU-Mehrheit für die Änderung der Rechtsgrundlage geschaffen werde. Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok dämpfte die Erwartungen. Die Bundesregierung benötige für ihr Vorhaben der Indexierung eine Mehrheit im EU-Ministerrat und im EU-Parlament. „Das sehe ich im Moment noch nicht.“

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), bemühte sich um eine Beruhigung der Debatte: „Die meisten ausländischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die in Deutschland leben, arbeiten und zahlen in die Sozialkassen ein.“ Sozialmissbrauch müsse aber natürlich bekämpft werden.

(kd)
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