"Krippengipfel" Kinderbetreuung: Kommt jetzt der "Aufbau West"?

Berlin (RPO). Heute treffen sich die Familienminister von Bund und Ländern, um über die Zukunft der Kinderbetreuung in Deutschland zu beraten. Schon im Vorfeld gibt es handfesten Streit um die Finanzierung der geplanten Krippenplätze. Politiker aus den alten Bundesländern fordern, besonders dem Westen müsste finanziell unter die Arme gegriffen werden.

So viele Krippenplätze gibt es in den Bundesländern
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So viele Krippenplätze gibt es in den Bundesländern

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Foto: AP

Nordrhein-Westfalens Familienminister Armin Laschet (CDU) forderte am Montag, beim Ausbau der Krippenplätze müsse besonders den Westdeutschen geholfen werden. Ostdeutsche Politiker lehnten hingegen vor einer Bevorzugung des Westens ab. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) warnte vor weiteren Verzögerungen.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, forderte eine finanzielle Unterstützung des Bundes. Die Bonner Oberbürgermeisterin und stellvertretende SPD-Chefin Bärbel Dieckmann forderte von der Bundesregierung einen Finanzierungsvorschlag.

Laschet sagte, in den West-Ländern bestehe ein weit größerer Bedarf an Krippenplätzen als im Osten. Deshalb müsse hier jetzt vor allem den Westdeutschen geholfen werden.

Der thüringische CDU-Generalsekretär Mike Mohring forderte dagegen: "Wenn der Bund schon Geld in die Hand nimmt für eine Aufgabe, die eigentlich den Ländern obliegt, dann muss es auch gleichmäßig verteilt werden."

Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer sagte, er halte es für unvereinbar mit dem Grundgesetz, wenn der Bund ein Programm auflege, das nur für einen Teil der Bundesrepublik gelte. Sachsen habe sein Krippenangebot mit Landesmitteln finanziert. "Das können die Altbundesländer auch, wenn sie die Prioritäten entsprechend setzen", sagte Kretschmer. Wenn aber der Bund zur Finanzierung beitrage, müsse das allen Bundesländern zugute kommen.

von der Leyen: Bund gibt Geld

Hessens Familienministerin Silke Lautenschläger (CDU) sagte, von der Leyen habe die Mehrkosten für den Ausbau der Kinderbetreuung schon mit gut drei Milliarden Euro benannt. Sie könne sich die Festlegung einer genauen Betreuungsbedarfsquote vorstellen.

Von der Leyen versicherte, der Bund werde sich an den Kosten beteiligen. Bund, Länder und Gemeinden müssten jetzt schnell und unkompliziert handeln. "Eltern mit kleinen Kindern können nicht warten, sie brauchen jetzt eine Antwort. Die jungen Menschen in Deutschland wünschen sich Kinder, aber sie wünschen sich auch gute und flexible Kinderbetreuung und Tagesmütter", sagte sie.

Landsberg sagte, derzeit stünden im Schnitt bundesweit 13 Plätze für 100 Kinder unter drei Jahren zur Verfügung. Nach Berechnungen des Städtebundes erforderten 300 000 zusätzliche Plätze 3,049 Milliarden Euro jährliche Betriebskosten und zusätzlich einmalige Investitionskosten von 5 Milliarden Euro. Die Kommunen könnten die zusätzlichen Milliarden Beträge aus eigener Kraft nicht aufbringen. Schon jetzt gäben sie zirka 13 Milliarden Euro im Jahr für die Kinderbetreuung aus.

Dieckmann sagte: "Ich erwarte einen Finanzierungsvorschlag der Bundesregierung, denn den Ausbau der Betreuung bis 2010 werden Länder und Kommunen nicht alleine schultern können." Sie rechne damit, dass der Bedarf an Betreuungsplätzen für unter Dreijährige noch über die Ausbau-Pläne von der Leyens hinausgehe. Die Zahl von 750 000 Plätzen sei als Richtgröße nicht falsch. Nötig sei aber ein Rechtsanspruch, damit alle Gemeinden den Ausbau vorantrieben.

Die hannoversche "Neue Presse" (Montagausgabe) berichtete unter Berufung auf Berechnungen des Bundesfamilienministeriums, die Spitze des Ministeriums erwarte für die zusätzlichen Betreuungsplätze in Einrichtungen und Kindertagespflege Ausgaben von knapp 2,4 Milliarden Euro. Die jährlichen Baukosten würden auf etwa 600 Millionen Euro beziffert. Aus der Aufstellung des Ministeriums gehe außerdem hervor, dass bis 2013 zusätzlich 304 000 Plätze finanziert werden müssten, 264 000 davon in Westdeutschland, 40 000 in den neuen Ländern.

(afp2)
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