Koalitionsspitzen vertagen sich Keine Einigung im Steuer-Streit
Berlin (RPO). Die Spitzen der schwarz-gelben Koalition haben ihre Beratungen über den künftigen Kurs vertagt. Die Koalition werde am 6. November erneut zusammenkommen, um über konkrete Maßnahmen zur Stabilisierung des Wachstums zu beraten. Der Streit um die geplanten Steuersenkungen geht weiter.

Steuersenkungspläne ab 2013 - darauf dürfen Sie hoffen
Nach dem jüngsten Steuervorstoß von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) geht das koalitionsinterne Gerangel von vorne los. Ein Treffen der Spitzen von Union und FDP am Freitagabend in Berlin brachte kein greifbares Ergebnis. Die CSU erklärte das Konzept von Schäuble und Rösler für gescheitert. Nun soll eine Arbeitsgruppe bis zum 6. November verschiedene Modelle durchrechnen. Die SPD bezeichnete das Hin und Her als peinlich.
Schäuble und FDP-Chef Rösler hatten am Donnerstag überraschend ein Konzept für Entlastungen bei der Einkommensteuer von sechs bis sieben Milliarden Euro vorgestellt - angeblich ohne Absprache mit der CSU. Der Vorstoß sorgte für erhebliche Verstimmungen innerhalb der Koalition. Der bayerische Ministerpräsident, CSU-Chef Horst Seehofer, zeigte sich verärgert.
Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) sagte, er könne Seehofers Unmut verstehen, wenn dieser nicht rechtzeitig über die Pläne von CDU und FDP informiert worden sei. "Das ist nicht in Ordnung", sagte Fuchs im Deutschlandfunk. Auch der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder (CDU), nahm Seehofer in Schutz und beklagte, der Zusammenhalt der Koalition sei mit dem Manöver aufs Spiel gesetzt worden.
Seehofer macht seinem Ärger im Kanzleramt Luft
Seehofer sprach den Streit bei dem Treffen im Kanzleramt an. Nach CSU-Angaben brachte er "seine deutliche Verärgerung über diese Kommunikationspanne zum Ausdruck". Bundeskanzlerin Angela Merkel habe eingeräumt, dass die CDU dafür verantwortlich war. Anschließend sei das Gespräch in einer "arbeitsorientierten" Atmosphäre verlaufen.
Die Koalitionsspitzen einigten sich bei ihrer fünfstündigen Sitzung im Grundsatz darauf, die Bürger ab 2013 steuerlich zu entlasten. Ein konkretes Ergebnis brachte das Treffen allerdings nicht.
CSU: "Konzept von Schäuble und Rösler ist vom Tisch"
Nach Ansicht der CSU ist bereits klar, dass der Vorschlag von Schäuble und Rösler wegen der notwendigen Beteiligung des Bundesrates "vom Tisch" ist. Es sei absehbar, dass dieses Konzept "keine Aussicht auf Realisierung" habe, verlautete am Samstag aus CSU-Kreisen. Die Partei verlangt eine Lösung, die nicht vom Bundesrat blockiert werden kann.
Mehrere Bundesländer, darunter auch Unions-geführte, hatten die Steuerpläne scharf kritisiert. Die Länder hätten nämlich wie der Bund Einnahmeverluste in Milliardenhöhe zu schultern. Auch die Kommunen stemmen sich gegen solche Einschnitte.
Schäuble soll bereits an einer Alternative zu der mit der FDP vereinbarten Steuersenkung arbeiten. Für den Fall, dass die Verabredung mit der FDP am Widerstand der Bundesländer scheitere, lasse der CDU-Politiker eine Entlastung beim Solidaritätszuschlag um drei bis vier Milliarden Euro durchrechnen, berichtete das Magazin "Wirtschaftswoche" vorab.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte am Samstag in Neuss, die Konsolidierung des Haushalts müsse Vorrang haben. Ein Weg der "kleinen Schritte" mit Steuerentlastungen für untere und mittlere Einkommen sei aber grundsätzlich richtig.
"Ein peinlicher Vorgang"
Die SPD kritisierte die Steuerpolitik der schwarz-gelben Koalition als "unklar und chaotisch". SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sagte, es sei ein "peinlicher Vorgang", dass die Koalitionsrunde den Vorstoß von Schäuble und Rösler "wieder einkassiert" habe. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann kritisierte, der erste Koalitionsgipfel nach fast fünf Monaten sei ohne jedes Ergebnis zu Ende gegangen. Diese Regierung sei "nicht mehr regierungsfähig".
Auch die übrigen Ergebnisse des Koalitionstreffens sind überschaubar. Eine Grundsatzeinigung gab es nach Angaben aus Koalitionskreisen darüber, dass die Staatsausgaben für die Infrastruktur aufgestockt werden sollen. Strittig blieben offenbar weiterhin die CSU-Forderung nach einer Pkw-Maut, die stockende Pflegereform sowie die für 2013 geplante Einführung eines Betreuungsgelds für Eltern, die auf eine Kita-Betreuung verzichten. Nach Angaben aus CSU-Kreisen wurde vereinbart, dass Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ein Modell für die Einführung einer Pkw-Maut erarbeiten soll.