Schluss für Münchener Oberbürgermeister Kein leises Servus: Christian Ude wird zum Abschied deutlich

München, Ude, Rot-Grün - das gehörte mehr als 20 Jahre untrennbar zusammen. Jetzt ist Ude weg - und mit ihm überraschend auch das historische rot-grüne Bündnis. Ein großer Abschied. Einfach den Mund halten, das wäre nichts für Ude gewesen.

Großer Abschied in München für Christian Ude
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Großer Abschied in München für Christian Ude

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"Sag zum Abschied leise Servus", steht auf der Einladung. Christian Ude wird nicht laut - aber deutlich. Was im Rathaus passiert, macht ihm Sorgen. 21 Jahre regierte der prominente Oberbürgermeister München mit SPD und Grünen, ein nicht immer einiges, aber erfolgreiches Bündnis. Jetzt ist Schluss für Ude - und für Rot-Grün. Sein Nachfolger Dieter Reiter teilt die Herrschaft mit der CSU. Die Grünen sind seit Wochenmitte aus dem Spiel. Das älteste rot-grüne Bündnis Deutschlands ist beendet.

Vage mischt sich Katerstimmung in den Festakt im Deutschen Theater. Moriskentänzern empfangen Ude am Roten Teppich, der strahlend wie eh und je Ehrengäste begrüßt. Die Redner - Reiter, Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), Vizekanzler Sigmar Gabriel und Städtetagspräsident Ulrich Maly (beide SPD) - sparen das Thema Rathaus vornehm aus. Die Reden sind geschmeidig.

Nie um unterhaltsam-scharfzüngige Worte verlegen - damit hat Ude immer wieder Sympathien geholt. Diesmal kündigt er an: "Der Hauptgedanke, den ich heute äußern möchte, ist leider nicht besonders unterhaltsam und amüsant." Zur Kommunalpolitik gehöre es, Danke zu sagen, beginnt er unverfänglich. Denen, die Verantwortung tragen, gebe er den biblischen Rat, der Stadt Bestes zu suchen. Und dann mit Blick auf Bündnisgespräche: "Ihr sollt nicht nur der Stadt Bestes suchen, sondern irgendwann müsst Ihr es auch finden."

Für Rot-Grün hatte es nach Verlusten der SPD nicht mehr gereicht. Schwarz-rot-grüne Gespräche scheiterten an einem Streit um das Kreisverwaltungsreferat (KVR), das die Grünen nicht der CSU überlassen, sondern weiter neutral besetzt sehen wollten. Ude ist bei ihnen: "Es gehört zu den Errungenschaften der letzten Jahre, dass das KVR aus parteipolitischem Machtstreben befreit wurde und unter einem Parteilosen zu einem Hort der Liberalität geworden ist."

Das müssen Sie bei einem Besuch in München gesehen haben
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Foto: AP

Ude hatte Rot-Grün von Anfang 1990 an als zweiter Bürgermeister, von 1993 an dann als OB mitgetragen. Es sei für ihn nie nur eine Variante von Farben gewesen, "sondern ein inhaltlicher Auftrag, rot-grüne Politik zu machen".

TV-Duell zwischen Seehofer und Ude
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Mit dem Bündnis hat Ude viel erreicht. Er hat Radwege und das Verkehrsnetz ausgebaut, das Ansehen der Stadt gemehrt und die Schulden verringert. Auf die Haben-Seite schreibt er sich den Ausbau der Kinderbetreuung, des Kulturangebots und den Bau von 125 000 Wohnungen, auch wenn weiter Krippenplätze und Wohnungen fehlen. Er widersetzte sich - auch als Städtetagspräsident - der Privatisierung der kommunalen Daseinsvorsorge und dem Verkauf städtischer Betriebe.

Udes Erfolgskonzept bei Wählern und Partnern: Er spannte den Bogen von der Arbeiterpartei zu Wirtschaftskräften, Prominenten und Künstlern. Er wollte München zur weltoffenen Enklave im schwarzen Süd-Bayern machen und übernahm als erster deutscher Bürgermeister die Schirmherrschaft für den Christopher-Street-Day.

War er hier mit dem grünen Bündnispartner auf einer Linie, so sah es bei Großprojekten anders aus: Ude wollte zum Beispiel die von den Grünen bekämpfte dritte Startbahn am Flughafen und fügte sich schließlich dem Nein der Bürger. Bei derartigen Bürgerentscheiden zog Ude, der bei Wahlen Zwei-Drittel-Mehrheiten holte, oft den Kürzeren.

München nun ohne "Bürgerkönig" Ude und ohne Grün in der Regierung. Auf der Einladung zum Abschiedsfest prangt "König" Ude als Karikatur von Dieter Hanitzsch mit dem rotem, hermelinbesetzten Mantel - und grüner Krawatte. Vielleicht Zufall. Als die Einladung gedruckt wurde, war zumindest noch nicht klar, dass es ohne die Grünen weitergeht.

(dpa)
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