Gauck verzögert Euro-Rettungspaket Kauder hält am Zeitplan fest

Berlin · Nach einer Intervention des Verfassungsgerichts wird der Bundespräsident das Gesetzespaket zum Euro-Stabilitätsmechanismus sowie zum Fiskalpakt für verschärfte Schuldenregeln vorerst nicht abzeichnen. Der Zeitplan für die Euro-Rettung gerät damit aus den Fugen. CDU-Fraktionschef Volker Kauder warnt vor Dramatisierungen.

 Volker Kauder will die Finanzmärkte "am liebsten morgen" besteuern.

Volker Kauder will die Finanzmärkte "am liebsten morgen" besteuern.

Foto: dapd, Oliver Lang

Obwohl sich Union, FDP, SPD und Grüne am Donnerstag nach langem Streit auf den Stabilitätspakt und den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM geeinigt haben, wird Deutschland für die beiden Gesetze nicht rechtzeitig zum geplanten Start am 1. Juli grünes Licht geben können. Das Verfassungsgericht hat den Zeitplan mit einer Intervention durcheinander gebracht.

Die Karlsruher Richter baten Bundespräsident Joachim Gauck vorsorglich, mit seiner Unterschrift so lange zu warten, bis das Verfassungsgericht die angekündigte Verfassungsklage in einem Eilverfahren prüfen konnte. Gauck sagte dies umgehend zu.

Er hätte nur einen Tag Zeit für die Unterschrift gehabt. Der Bundestag will am Freitagnachmittag, 29. Juni, beschließen, der Bundesrat kurz darauf am Abend. Der ESM sollte dann am Sonntag, 1. Juli, in Kraft treten. Das wollen die Linken und Bürgergruppen mit Eilanträgen in Karlsruhe verhindern. Der Euro fiel als Folge der Verzögerung auf unter 1,26 Euro.

"Das Vorgehen hat keinerlei Auswirkungen auf den Zeitplan des Bundestages", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder im Gespräch mit unserer Redaktion. Auch sein Stellvertreter Günter Krings warnte vor Dramatisierungen. Die Bitte des Gerichtes sei legitim und eine Sache von Tagen und nicht von Wochen.

Von einer "schlechten Nachricht angesichts der anhaltenden Turbulenzen in der Euro-Zone" sprach dagegen SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann mit Blick auf das hinausgezögerte Inkrafttreten. Bundeskanzlerin Angela Merkel hätte die Ratifizierung sofort nach dem ESM-Beschluss am 23. Januar in die Wege leiten müssen. "Das war ein unverantwortlicher Umgang mit der Zukunft Europas und rächt sich jetzt", kritisierte Oppermann.

Grünen-Rechtspolitiker Jerzy Montag distanzierte sich jedoch von dieser "etwas hektischen Schuldzuweisung" der SPD. Die Fristüberschreitung habe "keinerlei Folgen". Merkel müsse nicht deswegen, sondern wegen gravierender inhaltlicher Fehler in der Europa-Politik kritisiert werden.

Die Koalition hatte sich am Donnerstag mit SPD und Grünen auf einen "Pakt für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung" verständigt und damit den Weg zur erforderlichen Zweidrittel-Mehrheit für Fiskalpakt und ESM freigemacht.

Kauder wertete die Vereinbarung mit der Opposition als "Ergebnis staatspolitischer Vernunft". Damit würden die Voraussetzungen für eine Euro-Stabilisierung geschaffen. Die ebenfalls vereinbarte Finanzmarkttransaktionssteuer sollte nach Kauders Überzeugung möglichst bald in möglichst vielen Ländern eingeführt werden — "wenn es nach mir geht: morgen", betonte der CDU-Politiker.

(mar)
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