Karnevalisten kritisieren Pläne Spahn will Karneval wegen Corona bundesweit ausfallen lassen

Exklusiv | Berlin · Gesundheitsminister Jens Spahn hat persönliche Erfahrungen mit dem Karneval. Trotzdem hat er schlechte Nachrichten für alle Freunde des bunten Treibens: Geht es nach ihm, fällt die Session 2020/21 aus. Aus den Karnevalshochburgen kommt Kritik.

 Karneval in Düsseldorf (Archivfoto).

Karneval in Düsseldorf (Archivfoto).

Foto: dpa/Federico Gambarini

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich in einer Telefonschalt-Konferenz des Gesundheitsausschusses des Bundestags am Dienstag dafür ausgesprochen, den Karneval in der Session 2020/2021 bundesweit komplett ausfallen zu lassen. Dies erfuhr unsere Redaktion auf Nachfrage aus Teilnehmerkreisen der Schaltkonferenz. Demnach sagte Spahn: „Ich war selbst Kinderprinz und komme aus einer Karnevalshochburg. Ich weiß also, wie wichtig Karneval für viele Millionen Deutsche ist. Aber: Ich kann mir Karneval in diesem Winter, mitten in der Pandemie schlicht nicht vorstellen. Das ist bitter, aber so ist es.“

Zuletzt waren die Corona-Fallzahlen in Deutschland wieder angestiegen. Seitdem gibt es Debatten über eine erneute Verschärfung der Schutzmaßnahmen. In den vergangenen Tagen hatten sich nach Zahlen des Robert-Koch-Instituts jeweils mehr als 1400 Menschen neu mit dem Coronavirus infiziert.

Ob der bevorstehenden Karnevals-Session stehen viele Karnevalsvereine auch unter finanziellem Druck und wollen eine baldige Entscheidung. In der vergangenen Woche hatte der Landrat des Rhein-Sieg-Kreises, Sebastian Schuster, den NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet gebeten, den Karneval 2020/21 abzusagen.

Der Bund Deutscher Karneval (BDK) kritisiert die Pläne Spahns. „Wir sind sehr überrascht über solche Pauschalaussagen“, sagte der Präsident, Karl-Ludwig Fess, unserer Redaktion. Bislang sei in keiner Weise mit den zuständigen Bundesverbänden über eine Absage der Session gesprochen worden.

„Für die Hochburgen wäre das ein wirtschaftliches Desaster“, sagte Fess, „aber nicht nur für diese.“ Er forderte Spahn auf, den Bundesverband und Regionalvertreter zu einem Runden Tisch einzuladen. „Die Gesundheit steht an erster Stelle, auch bei uns Karnevalisten“, so Fess, „aber bevor Veranstaltungen abgesagt werden, muss es darüber Gespräche geben.“

Auch aus den Karnevalshochburgen Düsseldorf und Köln gab es Kritik. Als „Hammer“ bezeichnete Hans-Jürgen Tüllmann, Geschäftsführer des Comitees Düsseldorfer Carneval (CC), die Ankündigung. Solch eine pauschale Ankündigung sei unverantwortlich, sagte Tüllmann unserer Redaktion: „Was ist der Karneval? Indoor, Oudoor, der Rosenmontagszug?“ Ähnlich sieht das der Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, Christoph Kuckelkorn. Man könne die Bedenken zwar nachvollziehen, die Gesundheitsvorsorge habe Priorität. „Es stellt sich aber die Frage, was genau ein solches Verbot umfassen würde“, so Kuckelkorn. Es sei fraglich, ob etwa auch Feiern in privater Runde, im Kindergarten oder Seniorenheim betroffen wären.

Tüllmann wünscht sich jetzt bis Anfang September klare Ansagen aus der Politik, um planen zu können. „Seit Monaten arbeiten wir mit Köln, Bonn und Aachen an tragfähigen Konzepten, das wäre alles für die Tonne.“ Er sei überzeugt, dass Karneval unter Einhaltung der rechtlichen Vorgaben möglich sei – „ob das dann allerdings schön ist, steht auf einem anderen Blatt.“

Für Christoph Kuckelkorn steht fest: „Eine pauschale Absage mehrere Monate vor der Session halten wir für wenig zielführend.“ Man arbeite bereits im Austausch mit anderen rheinischen Hochburgen und der NRW-Landesregierung an einem Konzept, das Feiern ermöglichen würde, bei denen die Hygienevorschriften eingehalten werden. Tüllmann ergänzt: „Bei einer Absage des Karnevals müsste sich die Politik aber auch Gedanken machen, wie sie die Künstler und alle Beteiligten, welche vom Karneval leben, unterstützen kann.“ Diese seien seit April auf dem Trockenen, so der CC-Geschäftsführer: „Wir sind im Karneval eine Gemeinschaft, da müssen wir füreinander sorgen.“

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