Minister soll Mitbringsel nachversteuern Kanzlerin rügt Niebel wegen Teppich-Affäre

Berlin · Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verlangt von Entwicklungsminister Dirk Niebel, den afghanischen Teppich nachzuverzollen, den er an den Behörden vorbei nach Deutschland brachte. Auch die Opposition fordert eine rasche Aufklärung.

Dirk Niebel - ein Fallschirmjäger als Entwicklungshelfer
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Entwicklungsminister Dirk Niebel kommt wegen seines unverzollt aus Afghanistan eingeführten Teppichs erheblich unter Druck. Die Opposition fordert weitere Aufklärung auch über den exklusiven Transport des Einkaufs mit einem Jet des Bundesnachrichtendiensts (BND) nach Deutschland. Möglicherweise handele es sich um Steuerhinterziehung.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ging auf Distanz zu dem FDP-Minister. Sie erwarte, dass Niebel "so schnell und so vollständig wie möglich" das Notwendige in der Angelegenheit nachhole, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Nun fordern auch die Grünen eine Entschuldigung des FDP-Politikers. "Der Minister soll im Bundestag alles aufklären, sich für Fehler gegebenenfalls entschuldigen und Zoll oder Gebühren nachentrichten", sagte Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck.

Einen Rücktritt forderte Beck nicht. "Eine Haupt- und Staatsaffäre ist das für mich noch nicht", sagte er. Wer allerdings bei jedem Hartz-IV-Empfänger gleich jeder Angabe misstraue und Prüfer hinterher schicke, solle sich an das halten, was er von anderen verlange.

Niebel hatte den Vorgang eingeräumt, kurz nachdem der "Spiegel" davon erstmals berichtete. Danach hat der FDP-Politiker den neun Quadratmeter großen Teppich während einer Dienstreise im März in Kabul für rund 1400 Dollar (rund 1000 Euro) gekauft, ihn jedoch in seiner gebuchten Linienmaschine nicht mit nach Hause genommen.

Im Mai war das Stück dann mit dem Jet von BND-Präsident Gerhard Schindler nach Berlin gebracht worden, wo ihn Niebels Fahrer am Zoll vorbei auf dem Flughafen abholte und zum Haus des Ministers brachte. Erst nachdem Journalisten nachfragten, hatte Niebel in dieser Woche beim Zollamt in Berlin einen Steuerbescheid für den 30 Kilo schweren Teppich beantragt.

"Ich bedauere, dass der Antrag auf Verzollung erst mit Verzögerung gestellt wurde", erklärte Niebel. Ursache sei ein "Missverständnis" gewesen. Eigentlich habe er den Einkauf bei seinem nächsten Kabul-Aufenthalt mitnehmen wollen. Der BND-Chef habe ihm jedoch einen "persönlichen Gefallen" getan, indem er den Teppich vorher mit nach Berlin genommen habe.

Umsatzsteuer von 19 Prozent wird fällig

Niebels Sprecher Rolf Steltemeier teilte mit, der Minister habe den Teppich direkt in der deutschen Botschaft in Kabul gekauft. Ein Händler habe mehrere Stücke zur Auswahl mitgebracht. Davon habe sich Niebel einen Teppich ausgesucht. Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Andreas Peschke, wollte sich nicht dazu äußern, ob solche privaten Geschäfte in deutschen Vertretungen bei Ministerbesuchen üblich seien.

Nach Angaben des für den Zoll zuständigen Bundesfinanzministeriums wird für die Einfuhr von Teppichen aus Nicht-EU-Ländern für private Zwecke eine Umsatzsteuer von 19 Prozent fällig. Die Freigrenze liege bei 430 Euro. Bei einer Selbstanzeige sei aber ein eigentlich automatisch fälliges Steuerstrafverfahren hinfällig, erklärte ein Sprecher.

Nach Ansicht von SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann ist die Teppich-Affäre wenig überraschend: "Steuerhinterziehung hat in der FDP Tradition", sagte er "Spiegel Online". Niebel verwechsele sein Ministerium mit einem Selbstbedienungsladen für sich und die FDP. Grünen-Geschäftsführer Volker Beck will in der nächsten Woche den Vorgang im Parlament zur Sprache bringen.

(dpa)
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