AfD-Werte auf Rekordhoch Scholz kann zupacken - und sollte es tun

Meinung | Berlin · Die AfD hat in den Umfragen ein neues Allzeithoch erreicht und liegt nun gleichauf mit der SPD. Bundeskanzler Scholz sieht als Grund für den Umfrage-Höhenflug der AfD vor allem die Unsicherheit in krisenhaften Zeiten. Richtig. Es ist an ihm, für ein anderes Gefühl zu sorgen.

Olaf Scholz auf dem Landesparteitag der Hamburger SPD im Bürgerhaus Wilhelmsburg.

Olaf Scholz auf dem Landesparteitag der Hamburger SPD im Bürgerhaus Wilhelmsburg.

Foto: dpa/Jonas Walzberg

Ist das wirklich Olaf Scholz? Am Freitag, vor der Stadthalle in Falkensee, ist der SPD-Politiker in einer seltenen Rolle zu erleben: Der Kanzler fährt aus der Haut und das ungewohnt deutlich. Eine Gruppe von Gegnern der Hilfe für die Ukraine störte einen Auftritt von ihm, der Kanzler setzte sich lautstark und mit bebender Stimme eindrucksvoll zur Wehr. Liebe Schreihälse“, rief Scholz, Russlands Präsident Wladimir Putin sei „der Kriegstreiber“, „der hier von euch ausgeschrien wird, wenn ihr irgendeinen Verstand in euren Hirnen hättet“.

Scholz war der Kragen geplatzt, man sah es ihm an. Und es stand ihm gut zu Gesicht. Warum? Russlands Krieg in der Ukraine, Inflation, Diskussionen um Migration und Klimawandel haben das Land nach der Corona-Pandemie nicht zur Ruhe kommen lassen. Gesellschaftliche Fronten sind verhärtet, die Stimmung schlecht, die Umfragewerte für die AfD hoch. Auch der Dauerstreit in der von Scholz geführten Regierung trägt dazu bei.

Olaf Scholz - Finanzminister, Vizekanzler, hanseatisch kühler Analyst
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Das ist Olaf Scholz

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Foto: dpa/Kay Nietfeld

Der Kanzler reagierte sehr verhalten in den letzten Wochen, deutliche öffentliche Äußerungen in der Sache, etwa zum Heizungs- oder zum Haushaltsstreit, blieben eine Seltenheit. Er will in der Dreier-Koalition nicht der sein, der öffentlich auf den Tisch haut, beeilen sich die Seinen in der SPD immer wieder zu betonen. Es sei nicht sein Führungsstil. So weit, so gut. Aber kluge Führung bedeutet ja nicht automatisch ein „auf den Tisch hauen“, oder mit Machtwörtern um sich zu werfen. Sondern vielmehr ein Sich-Durchsetzen in der Sache. Das eventuell sogar noch ein gutes Licht auf andere wirft. Und das darf man dann öffentlich schon mal kommunizieren.

Am Wochenende räumte Scholz auf die Frage nach dem Heizungsstreit ein, es quietscht ab und zu, weil die Kurve so steil sei. Alle hätten immer „ein bisschen recht“. Er denke aber oft: „Könnten die das nicht ein bisschen leiser vortragen?“ Richtig. Dafür muss Scholz aber ein bisschen lauter sein. Er könnte, wenn er wollte.

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