Schwerpunkt Online-Angebote Kampf ums Internet

Düsseldorf (RP). Es ist ein erbittertes Tauziehen, von dem die Öffentlichkeit aber nur wenig mitbekommt. ARD und ZDF wollen sich mit Gebühren-Millionen auf dem Online-Markt breit machen. Die Zeitungsverleger fordern gesetzliche Grenzen für die Expansionspläne der Öffentlich-Rechtlichen.

15 Jahre World Wide Web - ein Streifzug
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Das, was da seit Wochen hitzig auf Fachtagungen diskutiert und in Staatskanzleien vertraulich gefeilscht wird, geht uns alle an: Zeitungsleser, Fernsehzuschauer und Internet-Nutzer. Es geht um die Frage, welche Angebote ARD und ZDF künftig im Internet machen dürfen.

Wenn es nach den Intendanten ginge, lautete die Antwort schlicht und ergreifend: Was uns in den Kram passt. ARD und ZDF wollen im Internet alles machen, was geht: Video, Radio, aber eben auch Text-Journalismus. Das Ganze mit einem gewaltigen Apparat im Rücken, Bataillonen von Journalisten und alles finanziert aus dem Topf der mehr als sieben Milliarden Euro Rundfunkgebühren, die die Sendeanstalten jährlich kassieren.

Dagegen laufen die deutschen Zeitungsverleger Sturm. Für sie bedeuten die Pläne der Öffentlich-Rechtlichen nichts anderes als den massiven Einstieg der Sender in die "elektronische Presse". Doch genau die haben die meisten Print-Häuser, vom überregionalen Blatt bis zur Lokalzeitung, in den vergangenen Jahren in Form aufwendig gemachter Web-Portale gerade erst selbst im Internet etabliert - mit hohem finanziellen Aufwand.

"Morgenthau-Plan"

Nun schwant den Verlagsmanagern, was die Intendanten gerne hinter wohlklingenden Vokabeln wie "öffentlicher Informationsauftrag" und "journalistische Qualität" verstecken: ARD und ZDF würden ihre publizistische Dominanz am Fernsehmarkt am liebsten auch auf das Zukunftsmedium Internet ausdehnen.

Es ist kein Geheimnis, dass es die Chefs der öffentlich-rechtlichen Sender mächtig wurmt, dass ihre Internet-Auftritte bei weitem nicht denselben Stellenwert haben wie die TV-Marken "Tagesschau" oder "heute". "Wer nicht ins Netz geht und sich dort entwickelt", verkündete ZDF-Intendant Markus Schächter drastisch, "wandert ins Museum." Und sein Haus-Justitiar, Carl-Eugen Eberle, verstieg sich sogar zu einem pikanten historischen Vergleich: Der vorliegende Entwurf des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags, der das Text-Angebot der Sender im Internet begrenzt, polterte der Jurist, sei ein "Morgenthau-Plan".

Starker Tobak: Der amerikanische Finanzminister Henry Morgenthau hatte 1944 vorgeschlagen, Deutschland nach seiner Niederwerfung zu zerstückeln und in einen Agrarstaat zu verwandeln.

Frist bis April 2009

Die Sender wehren sich vor allem gegen einen Passus in der Rundfunknovelle, der ihre gebührenfinanzierten Text-Angebote im Internet auf sendungsbezogene Inhalte begrenzt. Solche Fesseln wollen sich die Intendanten jedoch nicht anlegen lassen und berufen sich dabei gerne triumphierend auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Hüter des Grundgesetzes hatten ARD und ZDF im September das Recht der Nutzung des Internets als Verbreitungskanal bescheinigt. Über die Grenzen des öffentlich-rechtlichen Web-Engagements im ökonomischen Wettbewerb mit privaten Anbietern schwiegen sich die Richter jedoch aus.

Der EU-Kommission ist dieser Punkt dagegen nicht entgangen. Brüssel hatte die deutschen Politiker im vergangenen Jahr gemahnt, die Chancengleichheit auf dem Medienmarkt sicherzustellen. Bis spätestens April 2009 müssen daher auch die Online-Aktivitäten von ARD und ZDF präzisiert werden.

Weil ihnen wettbewerbsrechtlich die Felle davonschwimmen, setzen die Sender neuerdings zunehmend auf Schmusekurs. Die Verlagshäuser umwirbt man mit Kooperationsofferten. Und die Politiker werden mit Parolen von der angeblich unschlagbaren Qualität der öffentlich-rechtlichen Anstalten geimpft. Als seien ARD und ZDF die Einzigen, die in Deutschland guten Journalismus anbieten. Doch gerade im Internet stellt sich die Frage, ob man ARD und ZDF in dieser Rolle als selbsternannte Wächter journalistischer Vielfalt überhaupt braucht.

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