Pressebericht Kam Grass mit seiner Beichte einer<br> Enthüllung durch Historiker zuvor?

Hamburg (rpo). Mit seinem Waffen-SS-Geständnis soll Günter Grass einer drohenden Aufdeckung durch Historiker zuvorgekommen sein. Angeblich finden sich in ostdeutschen NS-Archiven Hinweise auf seine Mitgliedschaft in der Terror-Armee. Auch die US-Streitkräfte führten Grass in ihren Unterlagen mit dem Zusatz "Waffen-SS".

US-Dokument Günter Grass
5 Bilder

US-Dokument Günter Grass

5 Bilder
Foto: AP

Wie der "Kölner Stadtanzeiger" berichtet, sollte die Mitgliedschaft von Günter Grass in kurzer Zeit veröffentlicht werden. Die geplante Dokumentation beruhe auf den Quellen eines NS-Archivs des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) - und dort wird Günter Grass als Mitglied der Waffen-SS geführt. 1990 war dieses Archiv in die Obhut des Bundesarchivs gekommen. Bis 2007 sollte es vollständig erschlossen sein.

Ob Grass von den Recherchen wusste, ist unbekannt. Zwar hätten Historiker für einen Zugang zu den Dokumenten die Zustimmung des Schriftstellers gebraucht. Aber gegen diese Regel ist in der Vergangenheit immer wieder verstoßen worden.

Das MfS hatte in der DDR seit Anfang der 50er Jahre alle ihm zur Verfügng stehenden Dokumente gesammelt, um sie in einer Reihe von Fällen als Erpressungsmaterial gegen Bundesbürger oder zu "operativen Zwecken" zu nutzen. Grass hatte sich in den 50er und 60er Jahren immer wieder kritisch zu den Verhältnissen in der DDR geäußert.

Auch das US-Militär wusste offenbar von der Mitgliedschaft Grass' in der Waffen SS: Dies belegten zwei Dokumente der Wehrmachtsauskunftstelle in Berlin, wie der "Spiegel" recherchiert hat. Unter den Papieren befindet sich demnach ein Formular der Entlassungsstelle der US-Streitkräfte, in deren Kriegsgefangenschaft Grass am 8. Mai 1945 im heute tschechischen Marienbad geraten war. Grass habe das Papier unterschrieben. Er wird darin als Schütze der 10. SS-Panzer-Division "Frundsberg" geführt. Dem Papier zufolge wurde Grass - Gefangenennummer 32G6078785 - am 24. April 1946 entlassen.

Auf dem zweiten Dokument - ebenfalls ein Formblatt der Amerikaner - ist dem Bericht zufolge das Datum 10. November 1944 vermerkt, mit dem Zusatz "Waffen-SS". Möglicherweise sei damit der Einberufungstermin gemeint, der bislang nicht bekannt gewesen sei.

Zu Grass' Rolle in der Waffen-SS selbst sind dem Magazin zufolge vermutlich keine Dokumente mehr vorhanden, weil die Waffen-SS einen Großteil ihrer Akten zu den Personalbeständen nach Kriegsende vernichtete.

(ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort