Polen nach der Parlamentswahl Kaczynski droht künftiger Regierung mit Vetos

Warschau (RPO). Noch bevor die neue Regierung Polens mit der Arbeit beginnen konnte, hat Präsident Lech Kaczynski schon erste Vetos angekündigt. Der Zwillingsbruder des Ex-Regierungschefs Jaroslaw Kaczynski beendete sein Schweigen und gab Wahlsieger Donald Tusk von der liberalen Bürgerplattform (PO) in einem Interview mit der Zeitung "Rzeczpospolita" einen Vorgeschmack auf eine mögliche künftige Zusammenarbeit.

Donald Tusk - der Kaczyinski-Bezwinger
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Kaczynski bekräftigte darin vor allem seine Ablehnung der EU-Grundrechtecharta und sprach sich dagegen aus, den von seinem Bruder aus dem Amt des Verteidigungsministers geschassten Radoslaw Sikorski zum Außenminister zu machen. Er sei "besonders beunruhigt" über die PO-Pläne zum EU-Bürgerrechtekatalog, sagte Kaczynski.

Die im EU-Reformvertrag verankerte Charta bezeichnete er als "Bedrohung" für Polens nationale Identität. Er warnte zudem davor, dass die Charta Grundlage für mögliche deutsche Entschädigungsforderungen sein könnte.

Die bisherige Regierung von Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski hatte sich geweigert, den EU-Bürgerrechtekatalog rechtsverbindlich zu machen, und bei den Verhandlungen eine Ausnahmeregelung erwirkt. Auch Polens voraussichtlicher neuer Regierungschef Tusk kündigte an, die Folgen eines Beitritts zur EU-Grundrechtecharta vor einer möglichen Unterzeichnung sorgfältig zu prüfen.

Auch zu einer Betrauung des ehemaligen Verteidigungsministers Sikorski mit dem Amt des Außenministers äußerte sich Kaczynski ablehnend. "Diese Art von Kandidaturen erleichtert die Zusammenarbeit von Präsident und Regierung nicht."

Er habe die Entscheidung zu Sikorskis Entlassung mitgetragen und seine Meinung dazu seither nicht geändert, fügte Kaczynski hinzu. Sikorski war nach seinem Rauswurf aus dem konservativen Vorgänger-Kabinett den Liberalen beigetreten.

Außerdem kündigte Präsident Kaczynski in dem Interview seinen Widerstand gegen die Einführung einer Einheitssteuer und gegen Änderungen am Gesetz über die Einrichtung eines Anti-Korruptionsbüros an, einem Lieblingsprojekt der Konservativen. Er hoffe, "nur selten vom Veto Gebrauch zu machen", es sei aber dann notwendig, wenn die Interessen des Staates auf dem Spiel stünden.

Die PO und die Bauernpartei (PSL) einigten sich am Dienstag auf eine Koalition. Präsident Kaczynski hat Tusk bisher nicht zum Wahlsieg am 21. Oktober gratuliert. Sein Bruder Jaroslaw soll kommenden Montag seinen Stuhl räumen.

(afp)
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