Kabinettsumbildung Söder fordert neue Minister in Berlin

Berlin · Während in den Parteizentralen in Berlin noch Weihnachtsruhe herrscht, provoziert der CSU-Chef aus München mit der Forderung nach einer Kabinettsumbildung.

 CSU-Chef Markus Söder verlangt eine Verjüngung des Kabinetts (Archivbild).

CSU-Chef Markus Söder verlangt eine Verjüngung des Kabinetts (Archivbild).

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die Neujahrsklausur der CSU-Landesgruppe ist traditionell für die Christsozialen eine gute Gelegenheit der Schwesterpartei CDU und dem Rest der Berliner Republik mal ordentlich die Meinung zu geigen. Nach den kräftezehrenden Auseinandersetzungen der vergangen Jahre um die Flüchtlingspolitik gibt es zum Start 2020 keine Sachfrage, an der sich Streit entzünden muss. So nimmt CSU-Chef Markus Söder vor der am Montag beginnenden Klausur das Kabinett in Berlin ins Visier.

Er fordert „neuen Schwung“  für die Regierung, sollte sie überhaupt bis 2021 bleiben. „Das ist wie im Fußball: In der zweiten Halbzeit verstärkt man sich mit neuen und frischen Kräften“, sagte er der „Bild am Sonntag“ und forderte eine Verjüngung des Regierungsteams.

Wer seinen Stuhl am Kabinettstisch räumen soll, sagt der bayerische Ministerpräsident nicht. Inhaltlich aber zielte er mit Verweisen auf Wirtschaft, Innovation, künstliche Intelligenz und der Forderung nach einer „deutschen Hightech-Agenda“ auf die Ressorts von Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Bildungsministerin Anja Karliczek (beide CDU).

Söder könnte auch vor der eigenen Türe kehren: Die Mehrheit  der Bayern ist unzufrieden mit der Arbeit der drei CSU-Minister im Bundeskabinett, wie eine am Freitag veröffentlichte Umfrage des Instituts GMS im Auftrag von Sat.1 Bayern zeigt. 83 Prozent zeigten sich demnach unzufrieden mit der Performance von Verkehrsminister Andreas Scheuer. Der CSU-Politiker muss sich vor einem Untersuchungsausschuss des Bundestags verantworten, weil er zur Umsetzung der Pkw-Maut frühzeitig Verträge mit den Betreiber-Gesellschaften abgeschlossen hatte. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs darf die geplante Pkw-Maut in Deutschland  aber  nicht eingeführt werden. Die Betreibergesellschaften erheben eine Schadensersatzforderung von 560 Millionen Euro. Söder wiederum erklärte, Scheuer leiste gute Arbeit.

Auch mit den Leistungen von Entwicklungsminister Gerd Müller und Innenminister Horst Seehofer zeigten sich knapp zwei Drittel der Bayern unzufrieden. Wenn es Söder tatsächlich um eine Verjüngung des Kabinetts geht, könnte er den 70-jährigen Seehofer oder den  64-jährigen Gerd Müller in den Blick nehmen.

Aus den Parteizentralen von CDU und SPD sowie aus der Bundesregierung hieß es, man werden sich an diesem Sonntag nicht zu Söders Vorstoß äußern. Anfang der Woche dürfte es aber eine Replik geben. Hinter vorgehaltener Hand hieß es, Söder solle doch Namen nennen, wenn er eine Kabinettsumbildung wünscht.

Eine von Söder angestoßene Kabinettsumbildung, bei der kein CSU-Minister ausgetauscht wird, erscheint unwahrscheinlich. Im Doppelschlag jünger und weiblicher könnte er die CSU-Regierungsmannschaft machen, wenn er der bisherigen Digital-Staatsministerin Dorothee Bär ein eigenes Ressort gäbe. Vom Profil her würde sie  besser an die Spitze des  Wirtschafts- oder des Bildungsressorts passen als auf einen der aktuellen CSU-Posten. So könnte die indirekte Kritik Söders an  Altmaier und  Karliczek ein Fingerzeig dafür sein, dass der CSU-Chef eine Rochade am Kabinettstisch wünscht.

Im Fall einer Kabinettsumbildung könnte es Karliczek treffen. Nach einer Reihe von Pannen zum Amtsantritt ist sie eher blass geblieben und konnte sich auch in Fachkreisen bisher kaum Anerkennung erarbeiten. Dem Wirtschaftsminister wird vorgeworfen, dass er allen alles verspreche, am Ende aber nur wenig halten könne. Die Kanzlerin hat dem Saarländer allerdings viel zu verdanken. Jahrelang war der gescheite Jurist ihre Allzweckwaffe und hat im Fall der Fälle auch für die CDU die Kohlen aus dem Feuer geholt. Abgesehen von ihrer Performance sind Altmaier und Karliczek  vom Regionalproporz entbehrlich. Mit CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer gibt es eine zweite Saarländerin im Kabinett. Nordrhein-Westfalen ist mit Jens Spahn im Gesundheitsministerium und Ralph Brinkhaus an der Spitze der Fraktion auf Bundesebene ohnehin stark vertreten.

Bei den Sozialdemokraten im Kabinett sind inhaltlich Justizministerin Christine Lambrecht und Außenminister Heiko Maas die schwächsten Figuren. Auch wenn die neuen Parteichefs Norbert Walter-Borjans und  Saskia Esken erst einmal keine Ansprüche auf Ministerämter erhoben haben, könnte ein Minister-Tausch bei der Union auch Unruhe bei der SPD bringen.

Diese möglichen Kettenreaktionen wird Söder bei seinem Vorstoß im Blick gehabt haben. Für ihn wäre eine Kabinettsumbildung eine gute Gelegenheit, den angeschlagenen Verkehrsminister doch noch geräuschlos aus dem Rennen zu nehmen.

(qua)
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