Sicherungsverwahrung von Sexualstraftätern Justiz muss über Ex-Häftlinge entscheiden
Düsseldorf (RPO). Nach der Unterbringung eines als rückfallgefährdet geltenden Sexualstraftäters in einer Essener Psychiatrie muss sich die Justiz mit weiteren ähnlichen Fällen auseinandersetzen. Ein 63-Jähriger Ex-Häftling hatte am Donnerstag Düsseldorf verlassen und war in eine geschlossene Einrichtung gebracht worden.
Es seien bereits mindestens zwölf weitere Anträge zur Unterbringung in besonders gesicherten Einrichtungen gestellt worden, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Düsseldorf am Freitag. Wann darüber entschieden werde, sei unklar.
Das Bundesgesetz gilt seit Anfang des Jahres. Demnach können Straftäter, die nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus der nachträglich verhängten Sicherungsverwahrung freigelassen worden sind, weiter in geschlossenen Einrichtungen untergebracht werden.
Die Kritik an den Vorschlägen zur Reform der Sicherungsverwahrung von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) reißt unterdessen nicht ab. Der Hamburger Innensenator Michael Neumann (SPD) warf der Ministerin in der "Bild"-Zeitung vor, sie setze "die Sicherheit von Frauen und Kindern aufs Spiel". Die praktischen Erfahrungen vor allem mit Sexualstraftätern zeigten, "dass Therapie in einer ganzen Reihe von Fällen keinen Erfolg haben wird", sagte der SPD-Politiker.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte der Zeitung: "Wir brauchen kein Wohlfühlprogramm für Vergewaltiger und Kinderschänder. Der Schutz der Bevölkerung hat absoluten Vorrang." Der hessische Innenminister Boris Rhein (CDU) warnte davor, "grundsätzliche Regelungen einzuführen, die die Sicherheit besonders von Kindern gefährden könnten". Der Chef der deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, befürchtet "Gefangenenrevolten": "Die schlimmsten Verbrecher kriegen im Knast die beste Behandlung. Das werden sich andere Häftlinge nicht gefallen lassen", sagte Wendt der Zeitung.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Mai alle Regelungen zur Sicherungsverwahrung gekippt und dem Gesetzgeber für eine grundlegende Reform eine Zwei-Jahres-Frist gesetzt. Leutheusser-Schnarrenberger hatte den Ländern Anfang der Woche ihre Vorschläge für die Eckpunkte der nötigen Reformen zugesandt. Darin werden "sieben Gebote" beschrieben, anhand derer der Vollzug der Sicherungsverwahrung neu gestaltet werden soll.
Unter anderem sollen die Betroffenen so untergebracht werden, dass es den "allgemeinen Lebensverhältnissen" so weit wie möglich nahekommt. Zudem müssten Kandidaten für eine Sicherungsverwahrung schon während der vorangehenden Haft intensiv betreut werden. Es müssten "alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Gefährlichkeit des Verurteilten zu reduzieren", heißt es in dem Papier. Unterbleibe dies, könne keine Sicherungsverwahrung angeordnet werden.