Auf SPD-Parteitag Juso-Chef Kühnert will über Abschaffung der Hartz-IV-Sanktionen abstimmen lassen

Berlin · Das Bundesverfassungsgericht hat scharfe Hartz-IV-Sanktionen für verfassungswidrig erklärt. Nun will der Vorsitzende der Jusos Kühnert den SPD-Parteitag Anfang Dezember zu einer Abschaffung aller Hartz-IV-Sanktionen befragen.

 Juso-Chef Kevin Kühnert. (Archivbild)

Juso-Chef Kevin Kühnert. (Archivbild)

Foto: picture alliance/dpa/Michael Kappeler

"Wie wir mit den verbleibenden Sanktionen umgehen, das entscheidet der SPD-Bundesparteitag im Dezember", sagte Kühnert unserer Redaktion. "Wir Jusos werden dann beantragen, dass die SPD künftig komplett auf Sanktionen verzichtet und stattdessen Förderung, Ermutigung und den Rechtsanspruch auf Qualifizierung und Weiterbildung in den Mittelpunkt stellt."

Das Bundesverfassungsgericht hatte am Dienstag entschieden, dass die monatelangen Leistungskürzungen für Hartz-IV-Bezieher, die ihren Pflichten nicht nachkommen, teilweise verfassungswidrig sind und abgemildert werden müssen. Nicht überprüft wurden allerdings die besonders scharfen Sanktionen für junge Hartz-IV-Empfänger unter 25 Jahren.

Das Gericht habe mit seinem Urteil einen wichtigen Beitrag geleistet, um die allgegenwärtige Angst aus den Fluren der Jobcenter zu vertreiben, sagte Kühnert. Die SPD habe sich bereits mit ihrem neuen Sozialstaatskonzept deutlich vom bisherigen Sanktionsregime verabschiedet und sei nun in ihrem Weg bestätigt worden.

"Ich freue mich über die prompte Ankündigung von Hubertus Heil, die Vorgaben zügig umsetzen zu wollen." Kühnert warnte jedoch davor, es dabei zu belassen. Das Hartz-System atme "den ideologischen Geist einer längst vergangenen Zeit". Auch wenn seine grundlegende Überwindung mit der Union nicht möglich sein werde, so gehörten offensichtliche Ungerechtigkeiten auf den Tisch, so der Juso-Chef.

"Reparaturen von Haushaltsgeräten, Rückforderungen von Kleinstbeträgen, aberwitzige Abzüge bei Zuverdiensten - insbesondere die kleinen Ungerechtigkeiten des Hartz-Alltags drangsalieren die Leistungsempfänger und untergraben das Vertrauen in einen gerechten Sozialstaat", sagte Kühnert. "Hier sind Änderungen unmittelbar geboten, bevor wieder Gerichte tätig werden müssen.“

Die Union hingegen lehnt die komplette Abschaffung der Hartz-IV-Sanktionen ab und dringt auf mehr Anreize zur Arbeitsaufnahme für Langzeitarbeitslose. „Es ist gut, dass das Bundesverfassungsgericht die Sanktionen im Bereich des Arbeitslosengelds II insgesamt nicht in Frage stellt. Denn zu einem System der staatlichen solidarischen Unterstützung gehören auch Mitwirkungspflichtgen der Unterstützungsempfänger“, sagte Unionsfraktionsvize Hermann Gröhe unserer Redaktion. Die Koalition werde genau prüfen müssen, welcher gesetzgeberische Handlungsbedarf durch das Urteil ausgelöst werde. „Eine völlige Abschaffung der Sanktionen ist mit uns dabei nicht zu machen. Im Vordergrund müssen vielmehr weitere Anreize zur Arbeitsaufnahme stehen“, sagte Gröhe. Mehr Anreize zur Arbeitsaufnahme könnten etwa durch bessere Hinzuverdienstregeln gesetzt werden.

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