FDP-Nachwuchs zu Rundfunkgebühren „Wer Silbereisen sehen will, kann dafür zahlen“

Interview | Berlin · Die Jungen Liberalen wollen Unterhaltungsshows wie die von Florian Silbereisen aus dem Programm von ARD und ZDF verbannen. Außerdem fordern sie vor dem FDP-Parteitag am Wochenende eine Überarbeitung von Lauterbachs Cannabis-Plänen.

 Die Vorsitzende der Jungen Liberalen, Franziska Brandmann, ist unzufrieden mit den Plänen zur Legalisierung von Cannabis.

Die Vorsitzende der Jungen Liberalen, Franziska Brandmann, ist unzufrieden mit den Plänen zur Legalisierung von Cannabis.

Foto: dpa/Marvin A. Ruder

Frau Brandmann, müssen die Pläne zur Cannabis-Freigabe nachgebessert werden?

Brandmann Auf jeden Fall. Gesundheitsminister Lauterbach muss bei der Cannabis-Freigabe massiv und schnell nachbessern. Er kann nicht ständig neue Eckpunktepapiere vorlegen und den Gesetzentwurf verzögern. Der muss am besten noch im April kommen. Die FDP muss im parlamentarischen Verfahren für Korrekturen sorgen. Dann könnte die Legalisierung noch in diesem Jahr erfolgen.

Was stört Sie konkret an Lauterbachs Vorgehen?

Brandmann Was er vorschlägt, reicht nicht. Im Koalitionsvertrag steht, dass die Regierung eine flächendeckende Legalisierung von Cannabis will. Was Lauterbach vorhat, wird dem nicht gerecht. Außerhalb weniger Modellregionen wäre es weiter verboten, Cannabis in lizenzierten Geschäften zu kaufen. Das macht keinen Sinn. Das Ziel ist doch, Dealern die Arbeitsgrundlage zu nehmen und den Schwarzmarkt auszutrocknen.

Der Minister sagt, er habe Rücksicht auf Europa nehmen müssen.

Brandmann Das Papier reizt nicht einmal aus, was europarechtlich möglich ist. Teilweise sind Altersgrenzen von 21 Jahren vorgesehen, wo das gar nicht erforderlich ist. Ich habe das Gefühl, im Gesundheitsministerium herrscht nach wie vor der Eindruck, Cannabis-Konsumenten seien unmündige Bürger, die vor sich selbst geschützt werden müssen. Das ist bedauerlich.

Kritiker sagen, es gibt Wichtigeres und die Ampel schafft mehr Probleme. Was entgegnen Sie?

Brandmann Natürlich gibt es auch andere Themen, die wichtig sind. Aber dafür gibt es zahlreiche Ministerien, Fachebenen und Beamte, die mehrere Themen gleichzeitig bearbeiten können. Ich finde es übrigens durchaus wichtig, dem Schwarzmarkt etwas entgegenzusetzen. Das Gesundheitsministerium schätzt, dass vier Millionen Deutsche Cannabis konsumieren. Das sind vier Millionen Menschen, die ihre Joints bei einem unseriösen Dealer besorgen, ohne zu wissen, was ihnen da genau verkauft wird. Der Gesundheitsminister müsste erkennen, dass er daran etwas ändern muss. Schade, dass wir ihn bei der Legalisierung von Cannabis trotzdem zum Jagen tragen müssen.

Wie wollen Sie es mit anderen Drogen halten?

Brandmann Die Freigabe von Cannabis sollte wissenschaftlich begleitet werden, damit wir aus dem Prozess lernen können. Und auch über Cannabis hinaus sollten wir uns fragen: Funktioniert unser Umgang mit Drogen? Ich glaube, wir brauchen einen Paradigmenwechsel und sollten unseren Fokus auf Aufklärung, Prävention und Rehabilitation statt auf Kriminalisierung legen. Ich nehme doch nicht deshalb kein Heroin, weil mich das Strafrecht davon abhält.

Es steht ja nicht so gut um die FDP. Welches Signal erwarten Sie von Christian Lindner beim anstehenden Parteitag?

Brandmann Die FDP muss in den gesellschaftlichen Debatten in die Offensive gehen. Viele Menschen fragen sich, wie gerecht es in unserem Land zugeht. Ich finde diese Frage sehr wichtig – da müssen wir offensiv rein. Das Ziel der Gerechtigkeit ruft die Partei der Leistungsgerechtigkeit und der Bildung doch gerade auf den Plan.

Welche Akzente wollen die Jungen Liberalen setzen?

Brandmann Wir stellen mehrere Anträge. Einer macht einen konkreten Aufschlag für die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Es muss Schluss sein mit Unterhaltungsformaten, die jedes Jahr mehrere Millionen kosten und von Studierenden und Auszubildenden mitfinanziert werden. Ein riesiger Teil der Rundfunkgebühren fließt in Produktionen, die zur Meinungsbildung und politischen Information null beitragen. Ich finde: Wer Florian Silbereisen sehen will, der kann dafür zahlen, genauso wie andere für ihr Netflix-Abo zahlen. Dann kann der Beitrag endlich sinken.

Die Julis machen sich auch für eine Mental-Health-Strategie stark. Was verbirgt sich dahinter?

Brandmann Viele Menschen sind während der Corona-Zeit psychisch erkrankt. Ich glaube, jeder junge Mensch in Deutschland hat einen Freund, der verzweifelt einen Therapieplatz sucht. Im Durchschnitt wartet man fünf Monate lang. Das wollen wir ändern. Von Karl Lauterbach habe ich dazu noch nichts gehört, er scheint sich für psychische Gesundheit nicht zuständig zu fühlen. Das ist aber sein Job.

FDP-Kandidatinnen, Grevenbroich

FDP-Kandidatinnen, Grevenbroich

Foto: FDP

Kürzlich haben Sie vorgeschlagen, Marie-Agnes Strack-Zimmermann zur Spitzenkandidatin für die Europawahl nächstes Jahr zu machen. Wollen Sie sie loswerden?

Brandmann Im Gegenteil. FDP-Spitzenkandidatin zu sein, das ist eine Mammutaufgabe und große Ehre. Unsere Herausforderungen im Bereich der Verteidigungs-, Außen- und Sicherheitspolitik sind nicht nur deutsche, sondern europäische Herausforderungen. Marie-Agnes Strack-Zimmerman ist die Beste, die wir für diesen Job haben. Und ich wünsche mir, dass die FDP die Beste nach Europa schickt. Ich bin mir sicher: Auch von Brüssel aus würden wir viel von ihr hören.

(has)
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