Die Folgen nach dem S-Bahn-Mord Jugendliche Gewalttäter härter bestrafen?

Berlin/Düsseldorf (RP). Nachdem zwei Jugendliche in München einen Geschäftsmann zu Tode geprügelt haben, ist eine Debatte über eine Verschärfung des Jugendstrafrechts entbrannt. Experten lehnen härtere Strafen ab und dringen auf mehr Polizeipräsenz.

München: 50-Jähriger stirbt nach brutaler Attacke
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München: 50-Jähriger stirbt nach brutaler Attacke

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Die tödliche Attacke auf einen 50-Jährigen, der vier Kinder vor einem Überfall schützen wollte, hat eine heftige Debatte über politische Folgen ausgelöst. Führende Unionspolitiker forderten mehr Videoüberwachungen im öffentlichen Raum und eine Verschärfung des Jugendstrafrechts. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer betonte, die Union habe bereits vor zweieinhalb Jahren nach ähnlichen Vorfällen klare Vorschläge für mögliche Konsequenzen unterbreitet. Die SPD habe sich aber "beharrlich geweigert, das Geringste zu tun".

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz, warf seinerseits der CSU eine "besondere Art der Verantwortungslosigkeit" vor. Er kritisierte die CSU-Forderungen nach mehr Videoüberwachung und einer Verschärfung des Jugendstrafrechts scharf: "Ich finde es verantwortungslos, wenige Stunden nach der Tat solche Sprüche zu klopfen", sagte Wiefels-pütz unserer Zeitung. Die Politiker sollten lieber den Mund halten und erst einmal die Ermittlungen der Polizei abwarten, riet der SPD-Mann. "Und dann werden wir sehen, ob wir aus dieser Tat etwas lernen können."

Breites Sanktionsspektrum

Auch die bayerische FDP-Chefin und frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger lehnt eine Verschärfung des Jugendstrafrechts ab. "Schon heute können Richter das Erwachsenenstrafrecht für Heranwachsende anwenden. Das Jugendstrafrecht bietet ein breites Sanktionsspektrum, um entsprechend dem Entwicklungsstadium der jungen Täter reagieren zu können", sagte sie unserer Zeitung. Allerdings müsse es deutlich mehr Stellen bei der Polizei geben. "Wenn es darum geht, mehr Sicherheit im Öffentlichen Personennahverkehr zu schaffen, kommt man um mehr Polizei und Sicherheitskräfte nicht herum."

Der Vorsitzende des Richterbundes, Christoph Frank, sieht mehr Polizeipräsenz auf den Straßen als wirksames Mittel der Prävention vor Gewalttaten. Außerdem seien zusätzliche Überwachungskameras im öffentlichen Raum im Rahmen der Landespolizeigesetze sinnvolle Schutzmaßnahmen. Von der Anhebung der Höchststrafe im Jugendstrafrecht von zehn auf 15 Jahre verspricht sich Frank keine abschreckende Wirkung. Der Freiburger Oberstaatsanwalt wandte sich gegen Vorwürfe, die Justiz gehe zu milde mit jungen Kriminellen um. Es sei belegt, dass Staatsanwaltschaften und Gerichte seit geraumer Zeit ihre Reaktionen auf Gewalttaten eher deutlich verschärft hätten. Im vorliegenden Fall würden sich die schnelle Festnahme der Täter, die verhängte Untersuchungshaft sowie eine bald anberaumte Hauptverhandlung im Umfeld der Kriminellen herumsprechen. Das hätte gewiss eine generalpräventive Wirkung.

Frank bezeichnete es als falsch anzunehmen, dass Bestrafung nach Jugendstrafrecht in jedem Fall die im Vergleich zu Sanktionen nach dem Strafgesetzbuch weniger einschneidende Sanktion sei. Während das Strafrecht nur die Wahl zwischen Geld- und Haftstrafe kenne, sehe das Jugendstrafrecht neben Freiheitsstrafen für Schwerkriminelle verschiedene abgestufte Sanktionsmöglichkeiten, etwa Arbeitsauflagen und Weisungen vor, die sehr einschneidend auf die Lebensführung jugendlicher Straftäter wirkten.

(RP)
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