Wahl in Frankfurt Josef Schuster ist neuer Präsident des Zentralrats der Juden

Frankfurt/Main · Der Würzburger Arzt Josef Schuster ist am Sonntag zum neuen Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland gewählt worden. Er tritt die Nachfolge von Dieter Graumann an. Als Ziel gibt er aus, das Positive jüdischen Lebens betonen zu wollen, wenn aber nötig auch das Wort zu erheben. Erster Adressat: die muslimischen Verbände.

 Seine Vision jüdischen Lebens in Deutschland umschreibt Schuster mit den Worten "Vielfalt in der Einheit".

Seine Vision jüdischen Lebens in Deutschland umschreibt Schuster mit den Worten "Vielfalt in der Einheit".

Foto: ap

Der 60-jährige bisherige Vizepräsident wurde am Sonntag in Frankfurt am Main zum Nachfolger von Dieter Graumann gewählt. Die jüdische Gemeinschaft sei Teil der deutschen Gesellschaft, sagte Schuster nach der Wahl. "Wir möchten auch in Zukunft das Leben in Deutschland mitgestalten."

Zu Vizepräsidenten wurden der Offenbacher Diplomingenieur Mark Dainow (66) und Abraham Lehrer aus Köln (60) gewählt, der Geschäftsführer eines Softwareunternehmens ist. Dem neunköpfigen Präsidium gehören vier Frauen an. Die Amtszeit des neu gewählten Präsidiums beträgt vier Jahre.

"Die Gemeinden bilden unser Fundament", sagte Schuster. Er sehe es daher als seine Aufgabe an, die 108 jüdischen Gemeinden mit ihren mehr als 100 000 Mitgliedern zu stärken: "Das Fundament darf keine Risse haben." Seine Vision umriss er mit den Worten "Vielfalt in der Einheit". Unter dem Dach des Zentralrats sollen traditionelle und liberale Gemeinden nebeneinander existieren können.

Judentum in Deutschland dürfe nicht beschränkt werden auf die Jahre der Verfolgung durch die Nazis 1933 bis 1945. "Was damals geschah, tragen wir alle tief im Herzen. Aber jüdisches Leben und jüdische Kultur haben dieses Land Hunderte von Jahren vor der Shoah geprägt und existieren heute wieder." Er wolle - wie sein Vorgänger - "die positiven Aspekte des jüdischen Lebens deutlicher nach außen transportieren".

Mit Blick auf den Zentralrat als Dachorganisation der Gemeinden erklärte er, ein gutes Dach müsse das Fundamt vor Stürmen und Unbill schützen - wie Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. "Daher werden wir auch in Zukunft unser Wort erheben, wenn es denn notwendig ist." Ein Punkt auf der Agenda: das Gespräch mit muslimischen Verbänden. Schuster wünscht sich, dass sie aktiver Einfluss nehmen auf radikalisierte Jugendliche mit antisemitischer Einstellung.

Schuster war seit 2010 Vizepräsident des Zentralrats. Er ist auch Präsident des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. Bei der Präsidentenwahl war er der einzige Kandidat für die Nachfolge Graumanns, der nach vier Jahren im Amt nicht für eine zweite Amtszeit zur Verfügung stand. Auch Vize Salomon Korn hatte nicht mehr kandidiert.

Schuster wurde 1954 in Israel geboren. Kurz darauf kehrten seine Eltern nach Deutschland zurück. Er studierte Medizin und wurde Internist, bis heute arbeitet er als Arzt. Wie Graumann gehört Schuster zur ersten Generation, die den Nationalsozialismus und den Massenmord an europäischen Juden nicht selbst erlebt haben.

(dpa)
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