Unsicherheit nach Organspendeskandal Jetzt ist der Gesundheitsminister gefragt

Berlin · Der Organspende-Skandal an den Unikliniken in Göttingen und Regensburg setzt die Politik unter Druck. Der Patientenverband Deutsche Hospiz Stiftung forderte Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) zum Eingreifen auf. Dieser berief ein Krisentreffen für Ende August ein.

Daniel Bahr: Ein Bergsteiger will hoch hinaus
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Bahr will Konsequenzen bei einem Krisentreffen mit Vertretern aller Beteiligten erörtern: "Ich erwarte Vorschläge, wie künftig Manipulationen und andere Verstöße besser zu verhindern sind."

Zu dem Termin am 27. August sind der Kassen-Spitzenverband, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Deutsche Stiftung Organtransplantation, die Stiftung Eurotransplant, die Deutsche Transplantationsgesellschaft, die Bundesärztekammer, die ständige Kommission Organtransplantation sowie die Überwachungs- und Prüfungskommission bei der Bundesärztekammer eingeladen.

Schnelles Handeln ist geboten

Schnelles Handeln ist geboten. Denn es ist eines der sensibelsten Themen für viele Bürger: Soll ich mir einen Spenderausweis zulegen oder nicht? Fest steht, dass in Deutschland rund 12.000 Menschen auf ein Spenderorgan warten, doch einen Spenderausweis haben nur die wenigsten.

Genau aus diesem Grund hat die Politik erst jüngst das Transplantationsgesetz geändert, von allen Fraktionen wurde der Gesetzentwurf gemeinsam vorgelegt. Ein seltener Fall, doch die Politik wusste ganz genau, welches sensible Thema sie dabei anpackt.

Die Gesetzesänderung kam jedenfalls ohne Probleme durch den Bundestag, die Zufriedenheit war groß. Bis zu dem Tag, an dem der Organspendeskandal von Göttingen ans Licht kam. Seither gibt es fast täglich neue Meldungen, zuletzt, dass auch die Uniklinik Regensburg von dem Skandal betroffen ist. Für die Politik ein deutlicher Rückschlag in den Bemühungen, mehr Menschen dazu zu bewegen, sich für eine Organspende zu entscheiden.

Einbruch der Spendenbereitschaft befürchtet

Denn die Verunsicherung bei diesem Thema war schon immer groß. Mit dem neuen Gesetz soll nun mehr aufgeklärt werden. Dass aber ein Arzt Patientenakten manipuliert haben soll, um ihnen zu einer Lebertransplantation zu verhelfen, wird manchen Zweifler bestätigen.

Nicht nur der Augsburger Weihbischof Anton Losinger befürchtet einen massiven Einbruch der Spendenbereitschaft. Ulrike Wirges, geschäftführende Ärztin bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation, hatte unserer Redaktion von mehreren Fällen berichtet, in denen die Angehörigen mit Verweis auf den Skandal die Entnahme von Organen bei potenziellen Organspendern verweigert haben.

Umstände, die nicht nur den Kliniken, sondern auch der Politik alles andere als recht kommen dürften. Und so ist es jetzt an Gesundheitsminister Daniel Bahr, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Bislang hatte sich der FDP-Politiker bei dem Thema recht zurückhaltend gegeben. Als die ersten Berichte aus Göttingen offenbart wurden, äußerte er sich schockiert und forderte Aufklärung. Aber er sagte auch, man müsse das in Ruhe betrachten und diskutieren.

Krisentreffen des Gesundheitsministeriums

Doch nach der Ausweitung des Skandals wird das Thema brennender denn je. Und das hat nun offenbar auch Bahr erkannt. Sein Ministerium bestätigte am Freitag, dass es am 27. August ein Gespräch mit Vertretern des Gesundheitswesens geben wird, um mögliche Konsequenzen aus dem Skandal zu ziehen. Vertreter der Ärzteschaft, der Krankenhäuser, der Kassen und Transplantationsexperten wurden dazu eingeladen. Auch im Ministerium selbst würden Ideen gesammelt, welche zusätzlichen Maßnahmen notwendig seien, um Manipulationen zu vermeiden.

Schon jetzt ist der Ruf nach Kosenquenzen laut. Und für Bahr wird es umso wichtiger sein, auf eine umfassende Aufklärung des Skandals zu dringen. Offenheit und Transparenz, das wird in den nächsten Wochen für alle beteiligten Seiten entscheidend sein, um Vertrauen zu schaffen und — wie angesichts der Gesetzesänderung geplant — auch die Spendenbereitschaft zu erhöhen.

Einen Neuanfang könnten aber auch die Transplantationsbeauftragten sein, die durch die Gesetzesnovelle künftig an den Kliniken geben wird. "Flächendeckend Ansprechpartner", "die den Prozess der Organspende im Krankenhaus koordinieren" hatte damals Bahr versprochen. Aber letzlich muss auch deren Kontrolle ausreichend und für den Patienten nachvollziehbar geregelt sein.

(das)
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