Vor dem Tag der Organspende Spahn ruft zum Nachdenken über Organspende auf

Berlin · Es geht um eine sensible Frage, die viele vor sich herschieben: Würde man ein Organ spenden, auf das Kranke dringend warten? Der Minister fordert auf, sich damit zu befassen. Oder soll ein neues System her?

 36 Prozent haben einen Organspendeausweis (Archivbild).

36 Prozent haben einen Organspendeausweis (Archivbild).

Foto: dpa/Caroline Seidel

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat dazu aufgerufen, dass sich mehr Menschen in Deutschland über eine mögliche Organspende klar werden. Eine Auseinandersetzung mit dieser Frage müsse „für uns alle zur Selbstverständlichkeit werden“, sagte der CDU-Politiker am Montag. „Das sind wir den mehr als 10.000 Menschen schuldig, die voller Hoffnung auf ein Organ warten.“ Jeder sollte daher für sich eine Entscheidung treffen. Nach einem Negativ-Rekord bei Organspenden im vergangenen Jahr mehren sich Stimmen, die eine Neuregelung nach dem Vorbild europäischer Nachbarstaaten fordern.

Widerspruchslösung auch in Deutschland?

Zuletzt wurde in den Niederlanden die sogenannte Widerspruchslösung eingeführt: Jeder, der nicht widerspricht, kommt nach dem Tod als Organspender infrage. „Aus medizinischer Sicht, vor allem aber aus Sicht der vielen schwerkranken Patienten auf der Warteliste, wäre eine solche Regelung der Idealfall“, sagte Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery der Deutschen Presse-Agentur vor dem Tag der Organspende am kommenden Samstag (2. Juni). SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte der dpa: „Wir könnten damit so vielen Menschen den Tod ersparen oder ein besseres Leben ermöglichen.“

Kritisch steht der Idee Rudolf Henke gegenüber, der Vorsitzende der Ärzte-Gewerkschaft Marburger Bund. Das Transplantationswesen lebe von Vertrauen - dass eine Widerspruchslösung das Vertrauen stärkt, bezweifelt er: „Es ist eher das Gegenteil zu befürchten.“ Man müsse die Menschen überzeugen und die Strukturen verbessern. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) hatte die Zahl der Organspender im vergangenen Jahr mit 797 einen Tiefpunkt erreicht.

36 Prozent haben einen Organspendeausweis

Die generelle Sicht auf Organspenden hat sich neuen Umfragedaten zufolge jedoch weiter verbessert. Positive Einstellungen dazu seien mit 84 Prozent nun so hoch wie noch nie, ergab eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Befragt wurden von November bis Februar 4000 Bürger im Alter von 14 bis 75 Jahren. Einen Organspendeausweis haben demnach inzwischen 36 Prozent, nachdem es 2012 noch 22 Prozent waren. Krankenkassen müssen Versicherte ab 16 Jahren alle zwei Jahre anschreiben und über das Thema informieren.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte einen Neustart, bei dem der Staat die Verantwortung übernehmen müsse. „Das gilt sowohl für die Regeln der Verteilung der Organe als auch für die Organisation und Kontrolle“, sagte Vorstand Eugen Brysch der dpa. Die Krankenkassen hätten Millionen Euro für Werbung ausgegeben, und jedes Jahr würden bessere Umfragewerte vermeldet. Tatsächlich sinke die Bereitschaft zur Organspende aber. Nun sei Minister Spahn gefordert.

(eler/dpa)
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