Immer mehr Hartz-IV-Empfänger Jeder zehnte Deutsche lebt vom Staat

Berlin (RP). Die Bundesagentur für Arbeit (BA) rechnet aufgrund der schlechten Wirtschaftslage im kommenden Jahr mit 450.000 zusätzlichen Hartz-IV-Empfängern. Ursache ist die steigende Arbeitslosigkeit.

Insgesamt werde die Zahl der Arbeitslosen laut BA-Vorstand Heinrich Alt 2010 um 750.000 auf über 4,5 Millionen steigen. Die Bundesregierung erwartet sogar 4,7 Millionen Arbeitslose im Durchschnitt. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) rechnet mit zusätzlichen Kosten für Hartz-IV-Empfänger in Höhe von zehn Milliarden Euro.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts ist inzwischen jeder zehnte Deutsche auf finanzielle Hilfen vom Staat angewiesen. Rund 7,9 Millionen Menschen beziehen Transferleistungen. Dies kostete den Staat insgesamt 49,4 Milliarden Euro. Zur sozialen Mindestsicherung zählen Arbeitslosengeld II beziehungsweise Sozialgeld ("Hartz IV”), Sozialhilfe sowie Leistungen für Asylbewerber und Kriegsopferfürsorge. In Nordrhein-Westfalen sind rund elf Prozent der Einwohner auf finanzielle Leistungen des Staats angewiesen. Negativ-Spitzenreiter im Ländervergleich ist die Hauptstadt Berlin mit einer Quote von 20 Prozent.

Für den Berliner Sozialforscher Gert Wagner könnte der erneute Anstieg der Arbeitslosigkeit verheerende psychologische Folgen haben. "Massenarbeitslosigkeit wirkt lange nach und macht eine Gesellschaft skeptisch und pessimistisch”, sagt Wagner. Der Ökonom ist Leiter des Sozio-Oekonomischen Panels (SOEP), einer repräsentativen Langzeitstudie mit jährlich mehr als 20.000 Befragten.

Laut einer aktuellen Befragung erholen sich Menschen selbst nach einer Scheidung oder einem Todesfall in der direkten Verwandtschaft emotional besser als nach einer erlebten Arbeitslosigkeit. "Wir leben in einer ausgesprochenen Erwerbsgesellschaft, um die Erwerbsarbeit dreht sich alles. Wer seine Arbeit verliert, dem fehlt ein zentraler Bereich seines Lebens”, sagt Wagner.

(RP)
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