Nach dem Aus für Jamaika Viele Hürden auf dem Weg zu Neuwahlen

Berlin · Die Jamaika-Sondierungen sind gescheitert. Nun könnte es zu Neuwahlen kommen. Doch der Weg dorthin hat viele Hürden.

 Angela Merkel und Horst Seehofer am Sonntag in Berlin.

Angela Merkel und Horst Seehofer am Sonntag in Berlin.

Foto: dpa, hpl

Es war FDP-Chef Christian Lindner, der vor knapp zwei Wochen Neuwahlen ins Spiel brachte. Nachdem er nun die Jamaika-Sondierungen hat platzen lassen, könnte es tatsächlich dazu kommen.

Ohne weiteres geht das aber nicht. Seit Bestehen der Bundesrepublik kam es bereits dreimal zu vorgezogenen Neuwahlen. Willy Brandt 1972, Helmut Kohl 1982 und Gerhard Schröder 2005 stellten jeweils die Vertrauensfrage im Bundestag - mit der Absicht verbunden, sich das Vertrauen nicht aussprechen zu lassen und so über Artikel 68 des Grundgesetzes den Weg für Neuwahlen freizumachen. Nach einem solchen Vertrauensverlust des Kanzlers liegt es in der Hand des Bundespräsidenten, ob er den Bundestag tatsächlich auflöst. In allen drei Fällen entschieden die Bundespräsidenten für Neuwahlen.

Diesen Weg kann Kanzlerin Angela Merkel nicht beschreiten. Die Kanzlerin ist seit dem 24. Oktober nur noch geschäftsführend im Amt und kann damit auch keine Vertrauensfrage mehr stellen. Es existieren auch keine Fristen, bis wann eine neue Regierung nach einer Bundestagswahl im Amt sein muss.

Allerdings besteht nach Artikel 63 des Grundgesetzes die Möglichkeit, dass sich Merkel - auf Vorschlag des Bundespräsidenten - im Bundestag ohne gesicherte Regierungsmehrheit zur Wahl stellt. Rein theoretisch könnte der Bundespräsident auch einen Sozialdemokraten oder einen Abgeordneten einer weiteren Partei vorschlagen.

Bislang stellte aber — außer ab 1969 zwischenzeitlich die SPD im Bündnis mit den Liberalen - stets die größte Fraktion im Bundestag den Kanzler - dieser Tradition würde Frank-Walter Steinmeier sicherlich weiter folgen.

Im dritten Wahlgang reicht die einfache Mehrheit

Im dritten Wahlgang würde Merkel die einfache Mehrheit zur Wahl reichen. Ob sie dann tatsächlich ernannt wird, entscheidet der Bundespräsident. In den Händen von Steinmeier läge also die Entscheidung, ob Deutschland eine Minderheitsregierung bekäme. Der Bundespräsident muss im Sinne des Staatswohls entscheiden. Die Wahrscheinlichkeit, dass er eine Minderheitsregierung gegen den Willen Merkels einsetzt, ist gering. In einem solchen Fall ist eher damit zu rechnen, dass er den Bundestag auflöst und es zu Neuwahlen kommt.

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Der Bundespräsident spielt also in der Frage der Stabilisierung der Regierung eine entscheidende Rolle. Bislang folgten die Bundespräsidenten in ihren Entscheidungen über Neuwahlen stets dem politischen Willen der Mehrheit des Bundestages. Dass ein Präsident davon abweicht, ist eigentlich nur dann denkbar, wenn er durch Neuwahlen das Staatswohl gefährdet sieht.

(qua)
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