Vordringen der Terrormiliz IS Bundesregierung plant Militärhilfe für den Irak

Berlin · Angesichts der humanitären Katastrophe im Irak, wo die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) die Glaubensgruppe der Jesiden in ihrer Existenz bedroht, hat in der Bundesregierung ein Umdenken eingesetzt. Die Deutschen möchten im Kampf gegen die Islamisten im Irak helfen. Bundesverteidigungsministerin von der Leyen will Rüstungsgüter liefern – und Bundesaußenminister Steinmeier an die "Grenzen des Machbaren" gehen.

Die wichtigsten politischen Akteure im Irak
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Foto: ap

Angesichts der humanitären Katastrophe im Irak, wo die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) die Glaubensgruppe der Jesiden in ihrer Existenz bedroht, hat in der Bundesregierung ein Umdenken eingesetzt. Die Deutschen möchten im Kampf gegen die Islamisten im Irak helfen. Bundesverteidigungsministerin von der Leyen will Rüstungsgüter liefern — und Bundesaußenminister Steinmeier an die "Grenzen des Machbaren" gehen.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erklärte, die Bundesregierung sei zur Lieferung von Rüstungsgütern wie gepanzerten Fahrzeugen, Schutzkleidung oder Sprengfallen-Detektoren an den Irak bereit. Damit reagierte von der Leyen auf eine Anfrage der irakischen Regierung.

Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) fand klare Worte: "Ich bin angesichts der dramatischen Lage dafür, bis an die Grenzen des politisch und rechtlich Machbaren zu gehen", sagte Steinmeier der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Langfristig schließt die Bundesregierung auch Waffenlieferungen nicht mehr aus.

Seit Monaten dringen die Truppen des IS in Syrien und im Irak vor und gehen brutal gegen Andersgläubige vor. Nach Angaben der UN sind Tausende Jesiden der unmittelbaren Gefahr von Massakern durch die Terrormilizen ausgesetzt.

Jesiden fordern Schutzzonen

"Das ist die Vorbereitung eines Völkermords, eines Genozids. Um nichts anderes geht es dort", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Dienstag nach einem Treffen mit Vertretern der jesidischen Gemeinden in Deutschland. Gabriel unterstützte die Forderung der Jesiden nach Schutzzonen im Nordirak. Seine Gesprächspartner hatten ihm aus erster Hand Informationen über die Lage im Nordirak geben können. Ali Khalaf, einer der jesidischen Gemeindevertreter, hat Kontakt zu mehreren Familienmitgliedern, die in die Berge der Region Sindschar im Nordirak geflohen waren.

Entgegen früheren Verlautbarungen seitens der Bundesregierung ist es nach Angaben von Gabriel rechtlich möglich, Waffen in Spannungsgebiete zu liefern, wenn es dort "ein besonders begründetes Sicherheitsinteresse gibt". Solche Exporte dürften aber ausschließlich an legitimierte Regierungen erfolgen.

Auch die humanitäre Hilfe soll für die verfolgten Menschen im Nordirak ausgeweitet werden. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministers ist Deutschland bereit, seine humanitäre Hilfe von derzeit 4,5 Millionen Euro aufzustocken. Zugleich kündigte die EU an, ihre Hilfe um fünf Millionen Euro auf 17 Millionen Euro zu erhöhen.

Steinmeier soll bei einem offenbar für Ende der Woche geplanten Treffen mit seinen europäischen Amtskollegen die Idee von Schutzzonen für Jesiden und andere von dem IS verfolgte Bevölkerungsgruppen vorstellen. Der militärische Schutz für solche Zonen ist nach Angaben Gabriels aber Sache der irakischen und der amerikanischen Armee. "Die Frage einer Bundeswehrbeteiligung stellt sich nicht", betonte er.

Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff (CDU) forderte eine stärkere deutsche Beteiligung im Kampf gegen den IS. "Wir müssen alles tun, um der humanitären Katastrophe im Irak Herr zu werden. Dazu gehört auch, die Ursache dieser Entwicklung — und damit die radikalen IS-Truppen — zu bekämpfen", sagte Schockenhoff unserer Redaktion. Daher sei die Debatte um eine Unterstützung und Bewaffnung der kurdischen Streitkräfte berechtigt. Schockenhoff betonte zugleich, dass ein stärkeres deutsches Engagement an ein "international abgestimmtes Vorgehen" gebunden sei.

In der Linkspartei ist derweil ein Streit über die Frage von Waffenlieferungen in den Irak ausgebrochen. Fraktionschef Gregor Gysi stieß mit seiner Forderung, Waffen in den Irak zu exportieren, auf heftigen Widerstand aus seiner eigenen Fraktion. Jan van Aken, außenpolitischer Sprecher der Linkspartei, warf Gysi vor, schlecht informiert zu sein.

Die Debatte über Waffenlieferungen wurde am Dienstag breit geführt: Ibrahim Yetim, nordrhein-westfälischer SPD-Landtagsabgeordneter, zeigte sich bereit, Waffenlieferungen an die irakische Armee zuzustimmen, "wenn diese zur Verteidigung gegen den IS genutzt werde. Es sei sehr deutlich, "dass gegen die brutale, menschenverachtende Kriegsführung des IS nur der Einsatz von Waffen hilft, um unschuldige Menschen zu schützen", sagte Yetim, Sohn von türkisch-kurdischen Eltern.

(jd, qua)
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