Bankenpräsident Andreas Schmitz im Interview "Riesengefahr für Unternehmen"

Berlin · Der Bankenpräsident warnt die Politik vor der geplanten Einführung eines Trennbankensystems, weil dies die Firmenfinanzierung akut gefährde. Freiwillig wollen die Privatbanken die Dispozinsen nicht senken.

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Foto: gms

Die Bankkunden in Zypern müssen einen Teil der Rettung der Geldhäuser mitfinanzieren. Kann diese Maßnahme stilbildend sein?

Schmitz Ich bin froh, dass eine Lösung für Zypern schneller als erwartet gefunden wurde. Damit kehrt mehr Stabilität in die Euro-Zone zurück. Europa hat sich als handlungsfähig erwiesen. Die Beteiligung von Bankkunden muss als außerordentliche Maßnahme allerdings ein Einzelfall bleiben. Im Falle Zyperns halte ich sie jedoch für vertretbar. Zypern hat einen enorm überdimensionierten Bankensektor und ist insofern ein Sonderfall, der nicht mit anderen Ländern Europas vergleichbar ist. Wichtig ist darüber hinaus, dass Zypern jetzt auch beim Thema Geldwäsche die erforderlichen Maßnahmen ergreift

Bundesregierung und Opposition wollen die größten deutschen Banken per Gesetz zwingen, ihr Kundengeschäft vom riskanten Eigenhandel abzutrennen. Wird das deutsche Bankensystem dadurch sicherer?

Schmitz Die deutschen Banken haben den umstrittenen Eigenhandel schon sehr deutlich reduziert, bei den meisten steht er auf Null, auch weil der Eigenhandel mit sehr viel Eigenkapital unterlegt werden muss. Das geplante Gesetz macht also gar keinen Sinn mehr. Es macht außerdem keinen Sinn, weil damit unterstellt wird, alle übrigen Bankgeschäfte seien ohne Risiko. Wir wissen, dass dies nicht so ist, und die Abtrennung des Handelsgeschäfts keine Garantie wäre, bei der nächsten Krise die richtigen Geschäfte ausgelagert zu haben. Ich fürchte, dass deshalb bald der Ruf nach weiterer Regulierung aufkommen wird. Deshalb sage ich: Lasst das Trennbankengesetz lieber sein.

Sie sagen, die Politik sollte komplett die Finger davon lassen?

Schmitz Ja. Denn offensichtlich macht sich niemand Gedanken darum, was dies für die Unternehmen bedeuten würde. Wir Europäer sind mit dem Universalbankenprinzip sehr gut gefahren. Dieses Gesetz aber treibt uns in die angelsächsische Unternehmensfinanzierung. Das heißt, das Hausbankenprinzip und die Kreditfinanzierung von Unternehmen sind akut gefährdet. Künftig werden sich viele Unternehmen ihr Kapital an der Börse holen müssen, und das wird ihnen schwerfallen. Man soll auch nicht glauben, dass die voneinander abgetrennten Geschäftsbereiche — hier der Eigenhandel, dort das Kundengeschäft — dauerhaft unter einem Holdingdach bleiben. Dieses Gesetz führt am Ende zur Aufspaltung der Banken. Das ist für die deutsche Wirtschaft eine Riesengefahr, weil die Unternehmen bisher zu 90 Prozent auf Kreditfinanzierung angewiesen sind.

Die Politik reagiert mit dem Gesetz auf die Anti-Banken-Stimmung in der Bevölkerung. Es stimmt ja auch, dass die Banken zwar für die Finanzkrise mitverantwortlich waren, die Last der Bankenrettung aber den Steuerzahlern aufgebürdet wurde.

Schmitz Banken haben enorm viele Fehler gemacht. Das Problem ist, dass viele Verbesserungen, wie zum Beispiel die strengeren Eigenkapitalregeln von Basel III, erst jetzt mit einer deutlichen Zeitverzögerung eingeführt werden. Wegen dieses Timelags denken die Menschen: Da ist ja gar nichts passiert, die Banken haben den Schuss immer noch nicht gehört. Deshalb schwingt das Pendel jetzt um in Richtung Überregulierung. Trotzdem leben die deutschen Bankkunden immer noch sehr komfortabel mit ihren Banken. Umfragen bestätigen, dass die Zufriedenheit mit der eigenen Hausbank durchaus hoch ist. Wir bieten eine viel bessere Kundenbetreuung, als Banken in anderen europäischen Ländern.

Gilt das auch für Ihre Preise? Die Dispozinsen für Überziehungskredite sind ja enorm hoch!

Schmitz Nein, die Dispozinsen liegen mit etwas über 9 % auf einem 10-Jahrestief. Und erst wenn sie den Disporahmen überziehen, zahlen Sie den erhöhten Zinssatz. In anderen Ländern gibt es im übrigen gar keinen Dispokredit.

Wird es eine freiwillige Selbstverpflichtung der Banken zur Begrenzung der Dispozinsen geben, wie sie Verbraucherministerin Aigner fordert?

Schmitz Die privaten Banken sind ja bereits mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung auf dem Markt. Wir hatten beschlossen, die Abhebegebühren an unseren Geldautomaten auf 1,95 Euro zu begrenzen. Sparkassen, Volks- und Genossenschaftsbanken haben aber nicht mitgezogen. Sie erheben weiterhin deutlich höhere Abhebegebühren.

Was halten Sie von der Idee, die Höhe der Dispozinsen an die Höhe des Euribor-Satzes der EZB gesetzlich zu koppeln?

Schmitz Ich halte grundsätzlich nichts von staatlicher Preisregulierung.

Auch nicht bei den Managergehältern?

Schmitz Wenn die Politik meint, künftig sollen die Aktionäre und nicht mehr die Aufsichtsräte über die Höhe der Managergehälter entscheiden, dann soll sie das gesetzlich meinetwegen so regeln. Ich weise nur auf Probleme in der praktischen Umsetzung hin. Zum Beispiel wird jeder einzelne Aktionär gegen einen Beschluss der Hauptversammlung klagen können. Dann kann es sein, dass ein Manager fünf Jahre auf seine Vergütung wartet, bis es ein Gerichtsurteil gibt. Und wenn ein Vorstand vor Ende seines Vertrages kündigt, wäre jedes mal eine Hauptversammlung nötig, um die Vergütung des Nachfolgers festzusetzen. Ungerechtfertigt ist auch, dass das Gesetz nur Kapitalgesellschaften betreffen soll und nicht auch andere Unternehmensformen.

(qua, mar)
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