Interview CDU-Generalsekretär Czaja „Der Staat soll 10.000 Euro pro Neugeborenes geben“

Interview | Berlin · Die CDU arbeitet an einem neuen Grundsatzprogramm. Generalsekretär Mario Czaja erklärt, was seiner Partei bei Steuern und Rente vorschwebt, weshalb sie Neugeborenen ein Startkapital in die Wiege legen will – und warum die CDU so sehr mit der FDP hadert.

CDU-Generalsekretär Mario Czaja in der Bundeszentrale der CDU (Archivbild).

CDU-Generalsekretär Mario Czaja in der Bundeszentrale der CDU (Archivbild).

Foto: dpa/Michael Kappeler

Herr Czaja, wird die CDU jetzt eine Steuererhöhungspartei?

Czaja Sie heben auf ein einzelnes Arbeitspapier einer Fachkommission zum Grundsatzprogramm ab. Dass das Papier die Öffentlichkeit erreicht hat, bedauere ich. Es ist ein Arbeitsstand, nicht mehr.

Trotzdem: Änderungen bei der Erbschaftssteuer, höherer Spitzensteuersatz, das wird gefordert. Starker Tobak für die Union.

Czaja Wie gesagt, das ist der Entwurf eines Papieres. Wir diskutieren viele grundsätzliche Fragen in den Kommissionen. Die Partei diskutiert bewusst offen und ohne Denkverbote. Daher gibt es hier in dieser Phase auch keine Vorfestlegungen.

Es gab einige Anläufe für eine große Steuerreform, aber die 16 Jahre ihrer Regierungszeit blieben dann doch ungenutzt. Warum also erst jetzt?

Czaja Ich bin Bundestagsabgeordneter seit September 2021 und Generalsekretär seit Januar 2022. Ich habe die Aufgaben zu bewältigen, die sich aus der jetzigen Zeit ergeben. Ja, einige Dinge liegen aus der Vergangenheit noch auf dem Tisch. Die Frage einer gerechteren Besteuerung gehört dazu. Wir wollen spürbar die kleineren und mittleren Einkommen entlasten

Was Sie auch aus der Vergangenheit mitnehmen, ist das Thema Rente. Wird das Grundsatzprogramm einen Impuls für eine wirksame Rentenreform enthalten?

Czaja In unserem Grundsatzprogramm muss und wird es eine Antwort für eine stabile Zukunft der Rente geben. Wir werden aber alle Säulen der Altersvorsorge in den Blick nehmen. Unsere Mitglieder haben sich in der gerade abgeschlossenen Befragung dafür ausgesprochen, mehr Menschen in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Wir wollen zudem die Betriebsrente stärken und dafür sorgen, dass die Förderungen und letztlich die positiven Renteneffekte auch diejenigen erreichen, die in kleinen Unternehmen tätig sind, die im Dienstleistungsbereich arbeiten oder die in ihrem Arbeitsleben häufiger den Arbeitgeber wechseln.

Eine längere Lebensarbeitszeit oder Beitragsveränderungen erwähnen Sie nicht.

Czaja Wir entwickeln derzeit unterschiedliche Ansätze. Zum Beispiel: Wer länger arbeiten will und kann, sollte unterstützt und nicht bestraft werden, etwa durch zu frühe Steuerbelastungen oder eine zu hohe Abgabenlast. Wir brauchen differenziertere Rentenmodelle, die etwa unterscheiden zwischen körperlicher und geistiger Tätigkeit. Uns geht es dann auch um den Vermögensaufbau. Die sicherste Altersvorsorge sind immer noch die eigenen vier Wände.

Die Eigentumsquote ist gering in Deutschland. Wie wollen Sie das ändern?

Czaja Bei den gestiegenen Bau- und Grundstückspreisen plus Zinsen ist der Traum der eigenen vier Wände für viele aktuell kaum noch realisierbar. Das möchten wir ändern. Das Wohnungsangebot muss dafür ausgeweitet werden. Das geht beispielsweise auch indem man Parkhäuser und Supermärkte überbaut. Zweitens müssen wir wieder zu besserer Unterstützung kommen: Wir wollen das Baukindergeld wiedereinführen. Gerade für Familien mit Kindern ist das ein wichtiger Schritt hin zu den eigenen vier Wänden.

Vermögen hat auch oft was mit sozialer Herkunft zu tun. Wie gehen Sie damit um?

Czaja Dass die soziale Herkunft einen solchen Einfluss auf die Startchancen von Kindern hat, sehen wir als gravierendes Problem. Auch deswegen machen wir uns stark für ein echtes Kinderchancenpaket, um gerade Kindern, die in Armut aufwachsen, bessere Bildungs- und Zukunftschancen zu ermöglichen. Ich habe auch große Sympathien für die Idee eines Kinderzukunftsfonds. Jedes Kind würde einen Erstbetrag zugeschrieben bekommen, mit dem es ins Leben startet. Aus unseren Reihen gibt es den Vorschlag, dass der Staat 10.000 Euro pro Neugeborenes gibt. Geld, das nicht direkt ausbezahlt wird. Sondern ab dem 18. Lebensjahr für ein Studium, eine Gründung gedacht ist. Möglich wäre auch eine Umwandlung in eine Rentenbeteiligung.

An welche Bedingungen wollen Sie das knüpfen?

Czaja Das Geld soll in einen gemeinsamen Fonds eingezahlt werden, der von einer unabhängigen Institution solide verwaltet wird.

Bei der Mitgliederbefragung zum Grundsatzprogramm sind vor allem bekannte Positionen der Union bestätigt worden. Was hat Sie dennoch überrascht?

Czaja Nicht überrascht, aber ich fand bemerkenswert, dass das Thema der fossilen Energien in den Zukunftsgedanken unserer Mitglieder überhaupt keine Rolle spielt. Sie setzen auf neue Technologien und den Ausbau der Erneuerbaren.

Beim Thema Kernkraft waren nur rund 50 Prozent für eine weitere Nutzung. Hat die Unionsführung da zu stark aufs falsche Pferd gesetzt?

Czaja Ich leite daraus ab, dass unsere Mitglieder, wie auch die Mehrheit der Bevölkerung, den jetzigen Ausstieg aus der Kernkraft nicht für den richtigen Weg hält. Es wäre richtig gewesen, zumindest bis Ende 2024 die AKW weiterlaufen zu lassen. In vielen Ländern werden neue gebaut, findet Forschung statt, Stichwort Kernfusion. Forschung muss auch bei uns weiter möglich sein. Auch dafür hat sich unsere Mitgliederschaft ausgesprochen.

Unterstützen Sie Markus Söder, der AKW in Eigenregie der Länder betreiben will?

Czaja Ich kann gut nachvollziehen, dass Markus Söder sehr verärgert ist über das Abschalten der Kernkraftwerke zum jetzigen Zeitpunkt.

Hat sich Söder als Bundespolitiker verabschiedet und ist jetzt reiner Landespolitiker?

Czaja Markus Söder hat für Bayern noch viel vor. Das hat er mehrfach klar betont. Und dabei unterstützen wir ihn.

Erkennen Sie eigentlich die FDP, mit der die CDU lange regiert hat, noch wieder?

Czaja Die FDP hat sich selbst zur Mehrheitsbeschafferin einer linken Politik gemacht und kämpft nun mit den Auswirkungen. Aktuell erkenne ich die FDP tatsächlich nicht wieder. Von Haushaltsolidität ist nichts zu spüren. An Bildungsgerechtigkeit wird nicht gearbeitet. Die FDP ist in der Ampel nicht das Korrektiv, das ich mir erhofft habe. Ich erkenne kein liberal geprägtes Projekt, das aktuell unser Land voranbringen könnte. Im Gegenteil: Unter Christian Lindner sind viele Positionen aufgegeben worden, die die FDP früher hatte. Ich bedaure das.

(has/md)
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