Internationaler Frauentag Sie waren die Ersten in Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, Kunst und Sport
1754: Dorothea Erxleben (1715-1762) war die erste promovierte Ärztin. Ihr Vater war Arzt und unterrichtete sie wie ihre Brüder. Die Uni Halle ließ Erxleben erst zur Promotion in Medizin zu, nachdem Friedrich der Große das angeordnet hatte. Erxleben übernahm später die Praxis des Vaters und kämpfte gegen viele Vorurteile.
1888: Bertha Benz (1849-1944) unternahm die erste Autofahrt der Welt. Zwar hatte ihr Mann Carl Benz den Motorwagen erfunden. Doch erst als sie und ihre Söhne damit 1888 von Mannheim nach Pforzheim fuhren und die Alltagstauglichkeit bewiesen, wurde das Auto ein Erfolg. Bertha Benz tüftelte weiter mit, sie gilt als Erfinderin der Bremsbeläge.
1894: Hildegard Wegscheider (1871-1953) legte dank einer Sondergenehmigung als erste Frau in Preußen das Abitur ab – und das mit dem Noten-Durchschnitt von 1,3. Die Pfarrerstochter ging zum Studium ins liberalere Zürich und wurde selbst Lehrerin. 1900 gründete sie in Berlin die erste private Schule mit Gymnasialunterricht für Mädchen.
1903: Marie Curie (1867–1934) war die erste Frau, die einen Nobelpreis bekam – und das gleich zweimal: 1903 den Nobelpreis für Physik, 1911 den für Chemie. Curie entdeckte die Elemente Polonium und Radium. Sie hatte in Paris studiert, in ihrer polnischen Heimat war dies Frauen untersagt. Curie war die erste Professorin an der Pariser Sorbonne. Ihre Tochter erhielt 1935 den Chemie-Nobelpreis.
1909: Selma Lagerlöf (1858-1940) führte schon als Kind lieber auf dem Dachboden selbstgeschriebene Puppentheater-Stücke auf, als sich mit Hausarbeiten zu beschäftigen. Die Schwedin wurde Lehrerin, versuchte, sich mit ihrem ersten Roman „Gösta Berling“ aus diesem Dasein zu befreien, doch der Erfolg blieb zunächst aus. Den Durchbruch erlebte sie mit dem Auswandererroman „Jerusalem“, 1906 erschien ihr berühmtestes Buch über die Reise des Wichtelmännchens „Nils Holgersson“. Zwei Jahre später sollte sie den Nobelpreis für Literatur erhalten. Doch sie hatte einen Gegner in der Akademie, der ihre Literatur für Kinderkram hielt. Den Preis bekam der deutsche Philosoph Rudolf Eucken, der heute fast vergessen ist. Ein Jahr später kam Lagerlöf doch zum Zug und wurde 1909 die erste Frau, die den Nobelpreis für Literatur gewann. Mit dem Preisgeld kaufte sie das Land um ein Gutshaus zurück, das die Eltern aus wirtschaftlicher Not hatten versetzen müssen. Fortan lebte Lagerlöf auf diesem Gut, unterhielt enge Beziehungen zu zwei Frauen, schrieb Romane sowie eine mehrbändige Autobiografie und nahm einen Pflegesohn auf, der zufällig Nils Holgersson hieß.
1919: Marie Juchacz (1879-1956) Diese Anrede war eine Revolution: „Meine Herren und Damen!“ Bis dahin hatte es keine Frauen in einem deutschen Parlament gegeben. 1919 durften Frauen erstmals wählen, die ersten Frauen zogen in die Weimarer Nationalversammlung ein, und mit der Sozialdemokratin Marie Juchacz wurde am 19. Februar 1919 erstmals einer „Frau Abgeordneten” im Reichstag das Wort erteilt. Als sie die Herren und Damen begrüßte, mussten einige Politiker lachen. Zu neu und für manche zu komisch war es, dass da nun eine Frau am Rednerpult stand. Juchacz sagte: „Es ist das erste Mal, dass eine Frau als Freie und Gleiche im Parlament zum Volke sprechen darf, und ich möchte hier feststellen, ganz objektiv, dass es die Revolution gewesen ist, die auch in Deutschland die alten Vorurteile überwunden hat.“ Nach der Volksschule arbeitete Juchacz zunächst als Dienstmädchen und kurzzeitig als Fabrikarbeiterin, dann als Krankenpflegerin und Schneiderin. 1906 trennte sie sich von ihrem Mann und ging mit ihren beiden Kindern nach Berlin. Dabei hatte ihr Bruder ihr doch eine Versorgung „durch Heirat“ angeraten. 1917 bekam die Frauenrechtlerin vom Vorsitzenden der Sozialdemokraten, Friedrich Ebert, die Stelle als Frauensekretärin im Parteivorstand. 1919 zog sie ins Parlament ein und ergriff die Initiative zur Gründung der Arbeiterwohlfahrt, deren erste Vorsitzende sie bis 1933 war. Sie floh vor den Nazis nach New York und kehrte 1949 nach Deutschland zurück. 1956 starb Juchacz, geboren in Landsberg an der Warthe, im Alter von 76 Jahren in Düsseldorf.
1960: Sirimavo Bandaranaike (1916–2000) wurde 1960 die erste frei gewählte Regierungschefin weltweit. Bandaranaike verstaatlichte Schulen, Banken und Versicherungen. 1972 erklärte sie Ceylon zur Republik Sri Lanka. Ihre Tochter Chandrika Kumaratunga trat in ihre Fußstapfen und war von 1994 bis 2005 Präsidentin des Landes.
1961: Elisabeth Schwarzhaupt (1901–1986) war die erste deutsche Bundesministerin. Zwölf Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland übernahm die CDU-Politikerin das Gesundheitsministerium und leitete es fünf Jahre lang. „Sicher war es ein Erfolg, was die Frauen angeht, dass wir zunächst durch meine Ministerschaft gewissermaßen den Fuß in eine bisher verschlossene Tür gesetzt haben“, äußert sich Schwarzhaupt später darüber, dass Kanzler Konrad Adenauer in seiner vierten Amtszeit erstmals eine Frau mit an den Kabinettstisch ließ.
1963: Walentina Tereschkowa (geb. 1937) war Näherin, Technikerin, Fallschirmspringerin und als Kosmonautin die erste Frau im Weltraum. Nach 71 Stunden und 49 Erdumrundungen landete die Russin mit ihrem Fallschirm. „Ich habe schon als Kind von einer Reise zu den Sternen geträumt. Zur Not wäre ich auf einem Besen hingeflogen", sagte sie.
1967: Katherine Switzer (geb. 1947) Mit zwölf Jahren lief sie täglich eine Meile, damit sie besser beim Hockey wurde, in der Universität trainierte sie mit dem Männer-Leichtathletik-Team. Marathon stand aber nicht zur Debatte, längere Rennen als 1500 Meter gab es für Frauen nicht. Wie sollte das schwache Geschlecht auch mehr schaffen? Und so bediente sich die US-Amerikanerin Kathrine Switzer 1967 eines Tricks, um beim Boston-Marathon starten zu können. Sie meldete sich unter ihren Initialen KV an, bekam die Startnummer 261, und los ging es. „Ich wollte an diesem Tag nicht Geschichte schreiben, sondern einfach laufen“, sagte sie. Der Renndirektor versuchte allerdings, als er sie bemerkte, die 20-Jährige aus dem Rennen zu ziehen und ihr die Startnummer abzureißen. Ihre Begleiter beschützten sie aber, und sie kam ins Ziel – in vier Stunden und zwanzig Minuten, mit blutigen Füßen, überwältigt von Gefühlen und zerstritten mit ihrem Freund, der sauer war, weil er nach ihr ins Ziel gekommen war. Switzer setzte mit ihrem Lauf aber etwas in Gang: 1972 akzeptierte der Veranstalter Starterinnen beim Boston-Marathon, 1984 wurde die Distanz olympisch. 2017, 50 Jahre nach ihrem Debüt, lief Switzer noch einmal in Boston, sie kam nach 4:44 Stunden ins Ziel. Natürlich wieder mit der Startnummer 261. Sie wird ihr zu Ehren sonst nicht mehr vergeben.
1971: Romy Schneider (1938-1982) war „Sissi”, eroberte als Schauspielerin Frankreich und brach ein Tabu, als sie sich mit anderen Prominenten auf dem Cover des „Stern”-Magazins dazu bekannte, eine Abtreibung gemacht zu haben. Die Geständnisse gaben der Frauenbewegung neue Impulse.
1971: Wibke Bruhns (geb. 1938) war die erste Frau, die Nachrichten im westdeutschen Fernsehen sprach, und zwar bei „Heute“. Die einen kritisierten sie als schlechte Mutter, die anderen feierten sie als Vorreiterin der Emanzipation. Nach Hunderten Sendungen kündigte sie, weil sie mehr wollte, als Texte anderer vorzulesen. Später war sie für den „Stern“ Korrespondentin in Jerusalem und Washington.
1973: Carmen Thomas (geb. 1946) moderierte als erste Frau eine Sportsendung im deutschen Fernsehen – das „Aktuelle Sportstudio” im ZDF. Für Aufregung sorgte ihr kleiner Versprecher „Schalke 05”. Später erfand die gebürtige Düsseldorferin „Hallo Ü-Wagen“, die erste Mitmach-Sendung im Rundfunk. 20 Jahre lang interviewte sie regelmäßig auf Marktplätzen Menschen zu Alltags- und Tabuthemen.
1979: Margaret Thatcher (1925–2013) war die erste Premierministerin in Großbritannien. Durch ihren Führungsstil gilt sie gleichermaßen als Retterin der britischen Wirtschaft und als Spalterin der Gesellschaft. Ihre Härte gegenüber Gegnern brachte der gelernten Chemikerin den Spitznamen „Eiserne Lady“ ein.
1992: Maria Jepsen (geb. 1945) wurde in Hamburg zur ersten evangelisch-lutherischen Bischöfin der Welt gewählt. „Ich verstehe meine Wahl als ermutigendes Zeichen für alle Frauen und Männer, aus alten patriarchalischen Strukturen auszubrechen“, sagte sie. 2010 trat sie nach einem Missbrauchsvorfall in ihrer Region zurück, für den sie die kirchenpolitische Verantwortung übernahm.
1993: Heide Simonis (geb. 1943) war die erste deutsche Ministerpräsidentin. Mit 26 Jahren trat sie in die SPD ein, die Volkswirtin wurde später Finanzministerin in Schleswig-Holstein. 1993 wurde sie Ministerpräsidentin in Kiel. 2005 versuchte sie in vier Wahlgängen die Wiederwahl – und scheiterte. Bis heute ist unklar, wer aus den eigenen Reihen seine Stimme verweigerte („Heidemörder“-Affäre).
1994: Verena von Weymarn (geb. 1943) studierte Medizin und trat 1976 wegen der geregelten Arbeitszeiten und vielfältigen Aufgaben als Stabsarzt in die Bundeswehr ein. 1994 beförderte Verteidigungsminister Volker Rühe sie zum Generalarzt der Luftwaffe. Weymarn ist damit die erste Frau der deutschen Militärgeschichte, die General wurde.
2001: Jutta Kleinschmidt (geb. 1962) gewann als bisher einzige Frau die Rallye Dakar, das bedeutendste Langstrecken- und Wüstenrennen der Welt. Sprüche wie „Gott sei Dank gibt es in der Wüste keine Parkplätze" konterte sie mit Erfolg: „Der Respekt ist da, sobald man zur Konkurrenz wird.”
2004: Karin Dorrepaal (geb. 1961) war die erste Frau im Vorstand eines Dax-Konzerns. 2004 wurde die niederländische Ärztin und Ökonomin beim Pharmakonzern Schering Produktions- und Einkaufsvorstand. Als Bayer Schering übernahm, verließ sie das Unternehmen. Heute ist sie als Aufsichtsrätin etwa bei Gerresheimer aktiv.
2005: Angela Merkel (geb. 1954) war die erste CDU-Chefin und wurde 2005 die erste Kanzlerin der Bundesrepublik. Zunächst als „Kohls Mädchen” belächelt, emanzipierte sie als Generalsekretärin die Partei von Kohl und setzte sich gegen alle männlichen Widersacher durch. Sie rückte die Partei in die Mitte, meisterte die Euro-Krise und strauchelte in der Flüchtlingskrise. Seit acht Jahren kürt das US-Magazin „Forbes“ sie regelmäßig zur mächtigsten Frau der Welt.
2009: Simone Bagel-Trah (geb. 1969) ist die erste Aufsichtsratschefin bei einem Dax-Konzern. Sie wurde als Ur-Ur-Enkelin des Henkel-Gründers Fritz Henkel in Düsseldorf geboren. Seit 2009 hält die Biologin die Fäden in dem Familienkonzern zusammen. Als Schirmherrin von Henkels Forscherwelt will sie Mädchen und Jungen für Naturwissenschaften begeistern.
2011: Gerlinde Kaltenbrunner (geb. 1970) erreichte den Gipfel des K2 und wurde damit die erste Bergsteigerin, die alle 14 Achttausender ohne zusätzlich mitgeführten Sauerstoff schaffte. „Wenn es mir nur um den Rekord ginge, hätte ich überall die leichteste Route genommen”, sagte sie. „Ich lege keinen Wert darauf, die Erste zu sein.”
2014: Maryam Mirzakhani (1977–2017) war die erste Frau, die mit der Fields-Medaille, dem Nobelpreis für Mathematik, ausgezeichnet wurde. Sie wuchs in Teheran auf und studierte an den US-Universitäten Harvard und Princeton. Später wurde sie Professorin in Stanford. Mit 40 Jahren starb sie an Brustkrebs. Iranische Zeitungen zeigten aus dem Anlass ein Foto von ihr, obwohl sie kein Kopftuch trug – das galt als Tabubruch.
2018: Nicole Langosch (geb. 1984) wurde 2018 zur Pionierin in einem Bereich, der bis heute klar von Männern dominiert wird: der Seefahrt. Sie ist die erste Kreuzfahrtschiff-Kapitänin Deutschlands. Langosch trägt auf der „Aida Sol” die Verantwortung für rund 2200 Passagiere und 630 Mitarbeiter. Die 35-Jährige wurde in Osterode am Harz geboren und wuchs in Hessen auf – weit entfernt von der Küste also. Ihre Liebe zum Wasser entdeckte sie trotzdem früh: Langosch ging schon als Kind mit ihrer Familie segeln. Für ein Nautik-Studium zog sie an die Küste nach Leer in Ostfriesland. Anschließend studierte sie noch Logistik, arbeitete für eine Reederei im neuseeländischen Auckland und fürs EU-Parlament. Ihr erstes Praktikum machte Langosch mit 19 Jahren auf einem Containerschiff, schrubbte Decks, stand Wache. Seit zehn Jahren ist Langosch in verschiedenen Positionen auf Kreuzfahrtschiffen tätig. Seit März 2018 ist sie für ihre Mannschaft „Frau Kapitän” und steuert die 253 Meter lange und 32 Meter breite „Aida Sol”. Die Bezeichnung „Kapitänin“ ist auf See übrigens nicht üblich. Wenn sie sich über die Bord-Lautsprecher meldet, sagt Nicole Langosch: „Guten Morgen, hier spricht Ihr Kapitän.“ Die meiste Zeit spielt dieser sprachliche Unterschied aber ohnehin keine Rolle – die Arbeitssprache der Crew auf dem Schiff ist Englisch. Pro und Kontra: Brauchen wir eine Frauenquote?